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Ham­burg / Bonn (waw) — Als junger Jour­nal­ist bin ich Hel­mut Kohl oft begeg­net. Zunächst mehrere Jahre als SAT.1‑Hauptstadtreporter. Wir hät­ten dem “schwarzen Riesen” von unserem Stu­dio aus mit einem Teleob­jek­tiv ins Arbeit­sz­im­mer guck­en kön­nen. Wir verknif­f­en uns das.

Kohl mochte uns Reporter nicht. Er teilte uns ein: in Fre­unde und Feinde. Gegenüber Presse‑, Radio- und uns Fernse­hchro­nis­ten war er grund­sät­zlich mis­strauisch. Zugegeben: wir schon­ten ihn nicht.

Damals… 1987 live im SAT.1‑Wahlstudio

Aber so nick­e­lig, nach­tra­gend und nicht nah­bar Hel­mut Kohl mir vorkam — er war natür­lich die große Num­mer in Deutsch­land und Europa: 

Ich war dabei, als Kohl am 5. Mai 1985 den US-Präsi­den­ten Ronald Rea­gan zur Kranznieder­legung in die Kriegs­gräber­stätte Bit­burg schleppte, wo auch Ange­hörige der Waf­fen-SS beerdigt sind — ein ziem­lich­er Skan­dal. Ich beobachtete vom 7. bis zum 11. Sep­tem­ber 1987 den Besuch des DDR-Staat­sratsvor­sitzen­den und SED-Gen­er­alsekretärs Erich Honeck­er in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land — das war his­torisch. Und ich erlebte, wie sich die SPD-Oppo­si­tion von Hans-Jochen Vogel bis zu Johannes Rau erfol­g­los abmühte, den Pfälz­er aus dem Amt zu drän­gen

Jahre später begeg­nete ich Hel­mut Kohl nochmals haut­nah, inzwis­chen als Nachrich­t­enchef von Radio Ham­burg. Es war am 1. Okto­ber 1990, als CDU-West und CDU-Ost in der Stadt ihren Ver­schmelzungsparteitag abhiel­ten — nur zwei Tage vor der nationalen Wiedervere­ini­gung! Radio Ham­burg hat­te mor­gens eine tele­fonis­che Höre­rum­frage gemacht, in der sich die über­wälti­gende Zahl der Anrufer (ich glaube 61%) gegen das Zusam­menge­hen von BRD und DDR aussprach.

In ein­er exk­lu­siv­en Inter­view-Liveschalte kon­fron­tierte ich Kohl mit der Umfrage. Das hat­te er nicht erwartet — doch anstatt sou­verän zu bleiben, reagierte der Bun­deskan­zler wie so häu­fig in unan­genehmen Sit­u­a­tio­nen recht brüsk. Es passte ein­fach nicht in Kohls Welt­bild, dass es Mit­bürg­er geben kön­nte, die sich nicht mit der DDR ein­lassen woll­ten.

In dem denkwürdi­gen Inter­view fiel auch der sehr pfälzisch und auf Kohl’sch gelispelte Satz “Was ist denn das für ein Sender da in Ham­burg?” Den nutzte Radio Ham­burg noch jahre­lang für einen lusti­gen Jin­gle. So war es mir – wider Willen – gelun­gen, Worte des Kan­zlers der Ein­heit im deutschen Nor­den iro­nisierend zu per­pe­tu­ieren… ja, so war das.

Tschüss, Hel­mut Kohl!