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Der Vorschlag von Mar­tin Schulz, bis 2025 “Vere­inigte Staat­en von Europa” einzuführen, zwingt uns alle zum Farbe beken­nen. Das ist zu begrüßen. Denn in Berlin herrscht Sprachlosigkeit zum The­ma Europa.

Kom­men­tar von Wolf Achim Wie­gand

Berlin / Brüs­sel (waw) — SPD-Chef Mar­tin Schulz will bis 2025 “Vere­inigte Staat­en von Europa” ein­führen. Eine mutige Aus­sage. Denn schon feuern alle diejeni­gen, die schon immer gegen “Europa” nörgel­ten, ihre Sal­ven ab. Allen voran Alexan­der Dobrindt (CSU), der Schulz als „Europaradikalen“ attack­iert. Nun gut, dann bin auch ich ein Radikaler — wenn’s für das Feind­bild hil­ft…

Zur Sache. 

Die Schulz-Offen­sive zwingt uns, Farbe zu beken­nen: wie hal­ten wir es mit Europa? Wollen wir einen Neustart für das größte Frieden­spro­jekt der Geschichte? Oder wollen wir das düm­pel­nde Schiff so lange schaukeln lassen, bis es versinkt? 

Ich meine: wir müssen jet­zt ins Rud­er greifen, damit Europa bald von der Stelle kommt. Jed­er Diskus­sions­beitrag dazu sollte begrüßt wer­den in Zeit­en, in denen Frankre­ichs Präsi­dent Emmanuel Macron und EU-Kom­mi­sion­spräsi­dent Jean-Claude Junck­er konkrete Ideen vor­legen. Berlin Dage­gen erlaubt sich den Luxus der Sprachlosigkeit. Ändern wir was!


Über Partei­gren­zen hin­weg entschei­dend an der Schulz’schen Mut-Rede ist zweier­lei. Erstens, dass die EU eine ordentliche Ver­fas­sung bekom­men soll — das würde dem unwürdi­gen Zuständigkeit­shick­hack, wie momen­tan in der Flüchtlings­frage, einen Riegel vorschieben. Und zweit­ens, dass die Zivilge­sellschaft und die Bürg­er an der Ausar­beitung ein­er europäis­chen Ver­fas­sung ein­be­zo­gen wer­den sollen. Ja, lasst uns endlich Schluss machen mit dem Europa der Regierun­gen — her mit dem Europa der Bürg­er!

Allerd­ings: nun geht es in der weit­eren Diskus­sion ans Eingemachte. Wir wer­den Einiges disku­tieren müssen, etwa: was genau soll “Vere­inigte Staat­en von Europa” heißen? Welche Macht bekommt das Europäis­che Par­la­ment (ich hoffe: viel)? Welche Befug­nisse hätte eine kün­ftige europäis­che Regierung (ich wün­sche: für alles, was anders nicht sin­nvoll gelöst wer­den kann, Stich­wort: Sub­sidiar­ität)? Sollen die “Regio­nen” eine eigene Kam­mer bekom­men (ich denke: ja)? Wollen wir die EU-Volksvertre­tung mit transna­tionalen Lis­ten paneu­ropäisch aufgestell­ter Parteien wählen (ich fordere: ja)? Und mehr.


Genau das sind die Fra­gen, die ein Ver­fas­sungskon­vent mit Bürg­er­beteili­gung klären müsste, wie es der SPD-Chef. Es ist gut, dass Schulz eine Diskus­sion eröffnet hat. Laßt uns seinen Ball auf­greifen und dafür sor­gen, dass er in die richtige Ecke rollt!