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Inhalt dieses Blogs: US-Präsi­dent Trump will im Nahen Osten unbe­d­ingt eine “ara­bis­che NATO” gegen Iran schmack­haft machen. Doch bis­lang erscheint der Plan nur wie eine Fata Mor­gana… (Sie lesen diesen Beitrag auch im Debat­ten­magazin The Euro­pean

Gründen die USA eine “arabische NATO”? 

Von Wolf Achim Wie­gand

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Washington/Brüssel/Hamburg (24.09.2018 / waw) - Von der europäis­chen Öffentlichkeit weit­ge­hend unbeachtet ist in den ver­gan­genen Monat­en unter Mil­itär­poli­tik­ern des Weißen Haus­es eine explo­sive Idee vor­angetrieben wor­den. Sie kön­nte die mil­itärische Bal­ance im Nahen Osten ins Wanken brin­gen.

Es geht um den Plan zur Grün­dung ein­er soge­nan­nten “Arab NATO”, auch “Mid­dle East Strate­gic Alliance” (MESA) genan­nt, als Abwehrfront gegen den Iran. Gemeint ist ein Bund der US-Armee mit mehreren ara­bis­chen Stre­itkräften und — wie einige behaupten — auch mit Israel: im Kern dazuge­hören sollen aber Sau­di-Ara­bi­en, die Vere­inigten Ara­bis­chen Emi­rate, Kuweit, Katar, Oman und Bahrein. Manche Quellen bericht­en, angestrebt sei zudem die Ein­beziehung von Söld­nern des größten US-amerikanis­chen pri­vat­en Sicher­heits- und Mil­itärun­ternehmen Acad­e­mi (ehe­mals Black­wa­ter). Eventuell kön­nten noch Marokko und Jor­danien dazus­toßen.

Doch es hagelt Kri­tik an der Arab NATO. “Das ist eine Idee, deren Zeit nicht gekom­men ist und die auch nie kom­men wird,” kom­men­tiert das renom­mierte weltweite Net­zw­erk für Poli­tik­forschung Carnegie Endow­ment in Wash­ing­ton, DC. Den­noch sollte man sich mit dem Pro­jekt beschäfti­gen. Über­legun­gen für eine Arab NATO wer­den in den USA näm­lich nicht erst seit Don­ald Trump angestellt. Schon unter Barack Oba­ma haben die Amerikan­er nach Möglichkeit­en gesucht, die mil­itärische Koop­er­a­tion mit ara­bis­chen Staat­en gegen Iran zu ver­tiefen.

Washington wünscht mehr Kampfkraft und Entlastung zugleich

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Hin­ter­grund für die Wieder­bele­bung des ungewöhn­lichen Pak­t­planes ist der Wun­sch von US-Poli­tik­ern, dem in Wash­ing­ton ver­has­sten Mul­lah-Regime im Iran geballte Macht ent­ge­gen­zuset­zen, analysiert Carnegie. Gle­ichzeit­ig solle das Engage­ment auf keinen Fall dazu führen, dass die USA noch mehr Blut­zoll und Finanz­be­las­tun­gen in der Region tra­gen müssen, denn das ist in den Vere­inigten Staat­en unpop­ulär. Man kann auch sagen: Wash­ing­ton möchte sich durch die Ein­bindung von Stel­lvertreterkriegführen­den einen schlanken Fuß machen — es bildet aus und rüstet auf, das Kämpfen übernehmen die anderen.

Eine “Arab NATO” müsste vier Fra­gen klären:

  1. Was wäre das Neue an der Idee?
  2. Wie sollen poli­tis­che Dif­feren­zen der Beteiligten über­wun­den wer­den?
  3. Welche Rolle hat Israel?
  4. Gäbe es eine Bei­s­tandsverpflich­tung wie Artikel 5 bei der NATO?

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Was beim Wieder­aufwär­men der Idee unter Trump prob­lema­tis­ch­er ist, als bei Oba­ma, ist der Vorschlag des Weißen Haus­es, die Anti-Iran-Kräfte in der ara­bis­chen Welt tat­säch­lich in Aktion treten zu lassen. Unter Oba­ma wollte man sie durch einen Pakt eher zügeln. Nun heißt es: “MESA wird ein Boll­w­erk gegen Aggres­sion, Ter­ror und Extrem­is­mus aus Iran sein und damit Sta­bil­ität in den Nahen Osten brin­gen,” zitiert die britis­che Nachricht­e­na­gen­tur Reuter einen unge­nan­nt bleiben­den Sprech­er des US-Sicher­heit­srates. Gedacht sei an koor­dinierte Marineak­tio­nen, Raketen­ab­wehr und Antworten auf mil­itärische Aggres­sion sowie Anti-Extrem­is­mus-Maß­nah­men.

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Die zu über­winden­den Hür­den sind erhe­blich. Die Arab NATO wäre mit den genan­nten Akteuren eine ger­adezu aben­teuer­lich zusam­menge­set­zte Allianz. So betreibt das kleine, aber ein­flußre­iche Katar eine iran­fre­undliche Poli­tik. Dafür ste­ht es bei allen Nach­barn in Mis­skred­it, ins­beson­dere in Sau­di-Ara­bi­en, das im ver­gan­genen Jahr eine Block­ade über das Sche­ich­tum ver­hängt hat. Auch das neu­tral agierende Sul­tanat Oman ist Iran gegenüber nicht abgeneigt und hat sich bere­its geweigert, der momen­tan kämpfend­en ara­bis­chen Jemen-Allianz beizutreten, eben­so wie Kuweit.

Die Wahrheit ist, dass alle ara­bis­chen Staat­en zugle­ich Ver­bün­dete wie regionale Wet­tbe­wer­ber sind — und dass jed­er als Haup­tak­teur anerkan­nt und im Zen­trum des Geschehens ste­hen will,” gibt das inter­na­tionale vertei­di­gungspoli­tis­che Por­tal Defense News aus Vir­ginia zu bedenken. Außer­dem hät­ten die ara­bis­chen Mil­itärs höchst unter­schiedliche Fähigkeit­en und Kapaz­itäten. Ihre Waf­fen­sys­teme seien zum Teil inkom­pat­i­bel.

Alles nur eine Fata Morgana?

Wie soll das alles zusam­men­passen? Die Ver­schmelzung bedürfte jeden­falls jahre­langer Aus­bil­dung und ein­er kom­plizierten tech­nis­chen Angle­ichung. Ein kurzfristiger Effekt ist damit eben­so aus­geschlossen, wie die Garantie, dass die USA nicht doch zum Hauptzahler wür­den — was Trump schon bei der “echt­en” NATO nicht schmeckt.

Kann man also davon aus­ge­hen, dass die “Arab NATO”-Träume im Weißen Haus bald vom Tisch sind? Wohl eher nicht. Denn erst dieser Tage hat US-Präsi­dent Trump die MESA-Pläne öffentlich wieder aus­drück­lich gelobt.

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Sich­er wer­den die Vere­inigten Staat­en das The­ma dieser Tage bei der ger­ade eröffneten 86. UN-Gen­er­alver­samm­lung (UNGA) in New York hin­ter den Kulis­sen erörtern. Trump und sein Außen­min­is­ter Mike Pom­peo seien ger­adezu “besessen” von dem Wun­sch, eine Mil­itäral­lianz gegen Iran aufzustellen, heißt es unter Diplo­mat­en. Doch noch scheint’s zu hapern: Ein Gipfel­tr­e­f­fen der möglichen Mil­itärkoali­tionäre schon Mitte Okto­ber 2018 in Wash­ing­ton ist soeben auf das näch­ste Jahr ver­schoben wor­den.

In trock­e­nen Tüch­ern sei jeden­falls nichts, merkt der kon­ser­v­a­tive Nahost-Ana­lytik­er Geof­frey Aron­son an: “Absicht­serk­lärun­gen sind im Nahen Osten leicht zu haben, doch die poli­tis­che Land­schaft der Region ist über­sät mit den Leichen großar­tiger Ideen für eine gemein­same Sicher­heit.” Die US-Nachricht­e­na­gen­tur Bloomberg rät Trump in einem Online-Leitar­tikel, sich eher auf eine informelle Zusam­me­nar­beit irankri­tis­ch­er Kräfte im Nahen Osten und auf die Kon­flik­tlö­sung in Katar und im Jemen zu konzen­tri­eren.  “Das würde den Inter­essen aller nutzen.”

Doch die USA woll­ten der ara­bis­chen Welt unbe­d­ingt “die Illu­sion verkaufen, dass sie die Poli­tik im Nahen Osten weit­er­hin gestal­ten – bei möglichst gerin­gen Oppor­tu­nität­skosten,” merkt zenith an, das unab­hängige deutsche Fach­magazin, das sich mit der ara­bisch-islamis­chen Welt beschäftigt.

Faz­it: Bis­lang sind die Wash­ing­ton­er Ideen nichts als eine Fata Mor­gana im glühen­den Wüsten­wind, die Wass­er nur vor­gaukelt — wie bei so manchem Beitrag aus dem heuti­gen Weißen Haus. 

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