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⇒ Inhalt dieses Blogs: Recht­spop­ulis­ten miss­brauchen den UN-Migra­tionspakt, um gut­gläu­bige Men­schen mal wieder aufzuhet­zen. Sie ver­weigern die Mitar­beit an ein­er Lösung, die sie selb­st andauernd anmah­nen. Die vorsät­zliche Obstruk­tion dient nicht dem Inter­esse der All­ge­mein­heit, son­dern nur dem eige­nen Machtzuwachs.

Von Wolf Achim Wie­gand

Ham­burg (waw) — “Der Migra­tionspakt ist so etwas wie das Chlorhüh­nchen der Braunen.” So klagte kür­zlich ein lib­eraler Abge­ord­neter des Deutschen Bun­destages gen­ervt. Gemeint war das seit Wochen andauernde Trom­meln scharf rechts­gerichteter Poli­tik­er gegen eines der bedeu­tend­sten Abkom­men der Welt­ge­mein­schaft seit Grün­dung der Vere­in­ten Natio­nen im Jahre 1945.

Tat­säch­lich wird über den “Glob­al Com­pact for Safe, Order­ly and Reg­u­lar Migra­tion” (auf Deutsch kurz: Migra­tionspakt) genau­so scham­los gel­o­gen, wie voriges Jahr im Falle des EU/USA-Frei­han­delsabkom­mens TTIP. Eine der falschen Behaup­tun­gen war: die Europäis­che Union (EU) verpflichte sich, “schädlich­es” Hüh­nchen­fleisch aus den USA zu importieren, das die dort übliche, aber in der EU ver­botene, Desin­fek­tion­s­meth­ode mit schädlichem Chlor durch­laufen habe. Mit der­lei hal­b­garen Behaup­tun­gen wurde so viel Anti­s­tim­mung erzeugt, dass TTIP in Europa kaum noch durch­set­zbar war. Heute ist die Diskus­sion müßig, weil Don­ald Trump die TTIP-Vere­in­barung aus “America-First”-Fantasien ad acta gelegt hat.

Der Ärg­er über recht­pop­ulis­tis­che Verächtlich­mach­er des Migra­tionspak­tes, den jed­er­mann im deutschen Wort­laut abrufen kann, ist ver­ständlich. Denn die Front der Nein­sager agi­tiert, ähn­lich wie damals bei TTIP, mit durch nichts gedeck­ten Tat­sachen­be­haup­tun­gen. Eine davon lautet, der Pakt führe zu “Beschle­u­ni­gung und Vervielfachung der Zuwan­derung”. Ein absur­der Vor­wurf, zielt doch der Pakt ger­ade auf ein Ende des weltweit­en Chaos durch “eine sichere, geord­nete und reg­uläre Migra­tion” in der Welt. Es geht um die REGELUNG von Arbeit­skräfte­mo­bil­ität, nicht um deren Ausweitung.

Klare Migra­tionss­teuerung ist drin­gend nötig. Laut UN-Zäh­lung gibt es weltweit 250 Mil­lio­nen Men­schen (über­wiegend im Süden), die nicht im Geburt­s­land leben. Nur etwa ein Zehn­tel davon sind Flüchtlinge. Let­ztere meint der Pakt aus­drück­lich NICHT: “Lediglich Flüchtlinge haben ein Anrecht auf den spez­i­fis­chen inter­na­tionalen Schutz, den das inter­na­tionale Flüchtlingsrecht vor­sieht.”

Die Zahl der Men­schen, die als Migranten unter­wegs sind, stetig steigt. Und zwar ins­beson­dere in Regio­nen, die — anders, als das reiche, aber poli­tisch uneinige, Europa – schon eigene Armut­sprob­leme haben. Während Flüchtlinge durch das Hil­f­swerk der Vere­in­ten Natio­nen (UNHCR) den Schutz der Welt­ge­mein­schaft haben, ist für Migranten bis­lang nie­mand zuständig. Der glob­ale Pakt soll das ändern und geord­nete Bah­nen brin­gen. Wer daran wie die AfD die Mitar­beit ver­weigert, der entzieht sich ein­er Lösung, die er selb­st andauernd anmah­nt.

Wider besseres Wis­sen behaupten AfD-Poli­tik­er, Zuwan­derungslän­der kön­nten zu “neuen Sied­lungs­ge­bi­eten von Men­schen ander­er Völk­er, Reli­gio­nen und Kul­turen wer­den” — ein Satz, der die AfD ein­mal mehr ent­larvt. Das Argu­ment ist ein­er­seits völkisch, denn es schürt Angst vor Frem­den. Und zweit­ens ist es sach­lich eben­so falsch, wie die Behaup­tung, der Pakt sei für Deutsch­land juris­tisch bindend. Haben Gauland, Wei­del & Co den 32seitigen Ver­trag­s­text über­haupt gele­sen? Der stellt schon auf Seite 3 fest: “Dieser Glob­ale Pakt stellt einen rechtlich nicht binden­den Koop­er­a­tionsrah­men dar.”

Es geht also nicht um völk­er­rechtlich verbindlich­es, son­dern um “soft laws”, also Absicht­serk­lärun­gen. Die vorsät­zliche Obstruk­tion und Ver­bre­itung von Fak­e­news dient nicht dem Inter­esse der All­ge­mein­heit, son­dern eiskalt nur dem eige­nen Machtzuwachs. Die Flunk­erei bewegt sich am Rande von Wäh­lertäuschung und treibt einen Spalt in die Gesellschaft.

Kon­ser­v­a­tive Antipo­den der deutschen Poli­tik haben die AfD-Strate­gie erkan­nt. So out­et sich Noch-CSU-Chef Horst See­hofer als “ein Ver­fechter dieses Abkom­mens”. Es werde helfen, Schleuserkrim­i­nal­ität einzudäm­men und die Rück­führung in die Herkun­ft­slän­der erle­ichtern. See­hofers mut­maßlich­er Nach­fol­ger Markus Söder find­et den UN-Migra­tionspakt “dur­chaus sin­nvoll”. Ähn­lich argu­men­tieren die Freien Demokrat­en in Bun­destags­druck­sache 19/5534: “Eine weltweite Erre­ichung bes­timmter Stan­dards ist geeignet, Migra­tionsströme nach Deutsch­land und Europa zu begren­zen und klaren Regeln zu unter­w­er­fen.” Bun­destagspräsi­dent Wolf­gang Schäu­ble (CDU) find­et den Ver­trag nicht in allen Punk­ten per­fekt, stellt sich aber dahin­ter.

Voll des Lobes ist auch der schweiz­erische Bun­de­spräsi­dent Alain Berset. Er nen­nt das Ver­tragswerk einen “großen Tri­umph der Zusam­me­nar­beit in der mul­ti­lat­eralen Diplo­matie.” Dass sein Land — das die Pak­tver­hand­lun­gen mit­geleit­et hat­te — der Vere­in­barung nun vor­läu­fig nicht zus­timmt (was die AfD als Ablehnung missver­ste­hen möchte), ist dem inter­nen Demokratiev­er­ständ­nis der Eidgenossen geschuldet. Die pos­i­tiv ges­timmte Regierung in Bern will das Par­la­ment anhören, was erst nach Unterze­ich­nung am 10. und 11. Dezem­ber in Marokko möglich ist.

Indessen fahren AfD-Scharf­mach­er weit­er schwere Geschütze auf. “Linke Träumer und glob­al­is­tis­che Eliten wollen unser Land klammheim­lich aus einem Nation­al­staat in ein Sied­lungs­ge­bi­et ver­wan­deln,” wet­terte AfD-Frak­tion­schef Alexan­der Gauland im Bun­destag. Schlim­mer gehts nim­mer. Zielführen­der ist der Ratschlag von Gün­ter Krings (CDU), dem par­la­men­tarischen Staatssekretär im Bun­desin­nen­min­is­teri­um: “Wir soll­ten den Schäbigkeitswet­tbe­werb im Umgang mit Migranten been­den.”


 

Wort­laut des Migra­tionspak­tes auf Deutsch

53.55108469.9936819