Von Wolf Achim Wiegand
Mit Berichten aus 🇺🇸 🇨🇳 🇹🇷 🇧🇾 🇯🇵
Hamburg (10. Mai 2020 / waw) – Die herausragende Tagesnews heute ist für mich:
Das Virus frisst sich in jeden Körper –
– zugegeben, ein Satz, der nach Binse klingt. Und doch ist es bemerkenswert, wie viele Menschen, die alle wirtschaftlichen und intellektuellen Möglichkeiten zum Schutz vor Ansteckung haben, zum Coronaopfer werden. Ich führe darüber eine Art Protokoll, das Sie hier anklicken können. Ob Merkel oder Putin, ob Popstar oder Modezar – es sind so viele bekannte Namen, dass meine Liste immer länger wird.
Das beim Schreiben dieser Zeilen zuletzt bekanntgewordene Opfer ist der weltberühmte deutsche Zauberer Roy Horn, der mit seinem Rosenheimer Partner Siegfried Fischbacher als “Siegfried & Roy” in Las Vegas spektakuläre Erfolge feierte (Bildergalerie). Ende April kam er mit Coronasymtomen ins Krankenhaus. Wenige Tage später starb er einstige Kreuzfahrtstewart 75jährig an COVID-19. NACHRUF
Der Tod eines Promis trifft Fans, Anhänger und Bewunderer stark. Am Schlimmsten ist es aber – wie immer, wenn jemand stirbt – für die Angehörigen. Roys Berufs- und Lebenspartner (80) sagte nach Bekanntgabe der Todesnachricht –
“Die Welt hat einen der Großen der Magie verloren, aber ich habe meinen besten Freund verloren.“
Siegfried Fischbacher
China: 🇨🇳 Riesenbetrug mit Corona-Testkits?
Die weltweite Nachfrage nach mobilen Testkästen mit Corona-Schnelltests hat offenbar einen wildwestähnlichen Markt mit gefälschten Produkten hervorgebracht. Das will das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) herausgefunden haben, ein Netzwerk von Journalisten verschiedener Länder. So wird die wahre Herkunft der stark nachgefragten Module offenbar in großem Stil verschleiert, um minderwertige – und zum Teil wirkungslose – Produkte teuer zu verramschen.
Hauptergebnis der OCCRP-Recherche:
- Mindestens drei Firmen hätten Millionen Test Kits heimlich als “Made in USA” oder “Made in EU” ausgezeichnet – in Wirklichkeit seien sie in China hergestellt worden und Einheiten gewesen, die bei jeder zweiten Anwendung fehlerhafte Anzeigen lieferten. Das Eindruck erwecken, es handle sich um hochqualitative Diagnosemittel, sei Verbrauchertäuschung.
Türkei: 🇹🇷 Ärzte zu Polizisten?
Rund 6.000 Menschen sind in der Türkei mit nichts anderem beschäftigt, als rund um die Uhr coronainfizierte Menschen aufzuspüren. Man nennt sie “Tracer” (Markierer) – die bessere Bezeichnung wäre wohl Medizindetektive. Ihre Aufgabe ist es, sich auf die Fersen von Personen zu machen, die Kontakt mit Erkrankten gehabt haben könnten.
Das ist kein Zuckerschlecken. Die Männer und Frauen arbeiten auch bei Wärme in voller Schutzmontur. Antiinfektionsanzüge, Mund- und Nasenmasken, völlige Kopfverdeckung. Unterm Arm Testkits. So geht es manchmal treppauf, treppab in Hochhäuser, Wohnanlagen, Mietshäuser.
Jeder Medizindetektiv ist medizinisch vorgebildet. Wenn er einen neuen Fall entdeckt, muss dieser so rasch wie möglich isoliert und behandelt werden. Und alle Kontakte müssen aufgespürt werden. Eine wahrhaft kriminalistische Arbeit.
Kritiker sagen: Präsident Recep Tayyip Erdoğan mache Ärzte zu Polizisten. Gesundheitsminister Fahrettin Koca, selbst Mediziner und parteilos, sagt dagegen: mit dieser Methode habe man mehr als 460.000 Menschen aufgespürt. Den Tracern sei es zu verdabnken, dass die Türkei derzeit nur relativ wenig Probleme mit COVID-19 habe.
Belarus: 🇧🇾 Sorglos abfeiern?!
Für Verschwörungstheoretiker und Coronaleugner müsste die Republik Belarus (Weißrussland) das ideale Land für Urlaub oder Exil sein. Nirgendwo in Europa weigert sich eine Regierung so konsequent, die Gefahren der Pandemie anzuerkennen. Im Gegenteil: am 8. Mai ließ der autokratische Dauerpräsident Aljaksandr Lukaschenka 4.000 Soldaten zur Feier des Weltkriegsendes vor zehntausenden dichtgedrängten Zuschauern aufmarschieren – selbst sein großer russischer Bruder Wladimir Putin hatte den Tag in einer bescheidenen Zeremonie ohne Herumstehende gestaltet.
Hinter dem einzigartigen Verhalten steckt wohl weniger ein großer Mut, denn spürbar bittere Not. Schon vor Ausbruch der Coronakrise war die bitterarme ehemalige Sowjetrepublik in eine so existenzbedrohende Lage geraten, dass ernsthaft der Anschluss an das benachbarte Russland diskutiert wurde.
Nun hat Lukaschenka seine Regierung ein Corona-Nothilfeprogramm über $40 Millionen beschließen lassen – “das sind gerade einmal fünf US$ pro Person,” rechnet das preisgekrönte Recherchnetzwerk .Coda vor, das eine glänzende Reportage über die letzte Einmann-Diktatur Europas publiziert hat. Einen Lockdown kann sich Lukaschenka wohl kaum leisten, ohne noch mehr ins Ausland abwandernde Landsleute zu riskieren.
Japan: 🇯🇵 Disziplin und Rebellion
In diesem Video kann man beobachten, wie gründlich Japan seine Grundschüler den Desinfektionsprozeduren und Fiebermessungen unterzieht:
Unterdessen werden aus dem Land der aufgehenden Sonne recht unterschiedliche Reaktionen auf den fortgehenden Lockdown gemeldet.
Einerseits ist im Lande eine große Hilfsbereitschaft ausgebrochen:
Großzügige Menschen buchen Übernachtungen in Ryokan-Gasthäusern, obwohl sie die jetzt gar nicht brauchen, um diese traditionellen Herbergen am Leben zu erhalten. Sie zahlen also online für einen Aufenthalt, den sie irgendwann in der Zukunft antreten könnten. So bleibt Liquidität bei den Ryokans, von denen der Corona-Notstand etliche in Richtung Ruin treibt. Ryokans sind ganz im alten Stil gebaut und eingerichtet – inklusive Gemeinschaftsbad, das von allen Gästen genutzt werden kann.
Andererseits gibt es diese Reaktionen…
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan gibt es Unstimmigkeiten zwischen Zentralregierung und regionalen Gliederungen (Präfekturen). So hat es der Gouveneur von Osaka, Yoshimura Hirofumi, als Rebell gegen Tokio zu einiger Berühmtheit gebracht. Er wendet sich gegen die soeben von Premierminister Abe Shinzo verkündete Verlängerung des wirtschaftlichen Lockdowns und kündigt eigene Öffnungsmaßnahmen an.
Hirofumis “Osaka Modell” einer Wirtschaftsöffnmung soll unter drei Bedingungen auch gegen den Willen Tokios zum Tragen kommen. Erstens, wenn sieben Tage hintereinander die Infiziertenzahl nicht steigt. Zweitens, wenn die Infektionsrate bei Getesteten bei unter sieben Prozent bleibt. Und drittens, wenn die Zahl freier Intensivbetten in Krankenhäusern bei mindestens 40 Prozent liegt.