Eines der großen Themen im Jahre 2020 war der Brexit. Vier Jahre zuvor hatten die Wähler in Großbritannien mit knappen 51,9% den Austritt aus der Europäischen Union (EU) beschlossen. Doch die Verhandlungen über künftige Beziehungen schleppten sich endlos hin.
Kein anderes Thema der Neuzeit hat das Vereinigte Königreich so uneinig gemacht, wie der Austritt aus der Europäischen Union (EU). Ausgerechnet der wort- und machtbewusste Premierminister Boris Johnson hat in seinem ersten vollen Amtsjahr spüren müssen, dass der von ihm gewollte Brexit explosive politische Sprengkraft hat. Denn die EU-Diplomatie brachte in die Verhandlungen über das künftige Verhältnis zur Inselmonarchie so viele Sprengsätze an, dass der sonst so umtriebige Konservative schon den Gedanken hatte, alles ungeordnet hinzuwerfen. Er selbst agierte freilich auch mit härtesten Bandagen.
Selbst Träume von einer transatlantischen britischen Freihandelszone mit den USA muss London abschreiben. Johnson, der auf einen Wahlsieg Donald Trumps gesetzt hatte, hat sich nämlich heftig verkalkuliert. Mit dem irischstämmigen Joe Biden steht ihm auf der anderen Atlantikseite nun ein erklärter Brexit-Gegner gegenüber. Es komme nicht in die Tüte, dass die künftige EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland befestigt werde, drohte der gewählte US-Präsident öffentlich.

Südengland: ein riesiger Lkw-Parkplatz
Innenpolitisch war die Abwicklung des Brexits ebenfalls kein Selbstgänger für „BoJo“. So kursierten im Laufe des Jahres Horrorszenarien, wonach sich beim endgültigen Goodbye von der EU vor den britischen Zollabfertigungen am Ärmelkanal täglich Tausende Lkw aufstauen würden – daraufhin: Aufschrei in der Logistikbranche. Die britischen Fischer rannten unterdessen Sturm gegen die Aussicht, ihre Kollegen aus Festlandeuropa könnten sich weitere in ihren Gewässern tummeln.
Eines scheint klar: Das Zusammenspiel des selbstgewählten Isolationisten Großbritannien mit dem gemeinsamen EU-Binnenmarkt und der europäischen Zollunion wird 2021 kompliziert bleiben. Weiterhin wird die EU alles tun, um zu verhindern, dass vor ihren Toren eine Dumpingoase mit minimalen Sozial-, Arbeits- oder Umweltstandards entsteht. Dabei trifft die EU auf einen innerlich geschwächten Nachbarn. Die vier Landesteile England, Wales, Schottland und Nordirland fuhren in der Coronakrise unterschiedliche Strategien. Wales machte ebenso wie Nordirland seine eigenen Regeln und das proeuropäische Schottland möchte sowieso am liebsten ganz unabhängig werden und in den Schoß der EU zurückkehren – England bald allein zu Haus?
Siehe auch: Da war doch was – ach ja, der Brexit

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