🇪🇺 AUSGEWÄHLTE EUROPÄISCHE NEWS
Von WOLF ACHIM WIEGAND
Was hat Europa vergangene Woche an- und umgetrieben?
Geld spielt in der Europäischen Union (EU) eine zentrale Rolle. Mal offiziell: Als grüne Anleihen, europäische Industriezuckerle oder Handelsschmierstoff. Inoffiziell spielt Geld auch eine Rolle: Bei Geldwäsche, Korruption und Subventionsbetrug. Das ist die Realität eines Staatenverbundes mit 27 Mitgliedsnationen, in denen es genauso viele Gauner gibt, wie anderswo in der Welt…
Das alles und noch viel mehr ⤵️
🇪🇺🇺🇸 Es lockt das Geld der USA:
Die massiven Subventionen der US-Regierung für grüne Technologien könnten europäische Unternehmen zur Abwanderung bewegen – diese Furcht der EU-Politik ist berechtigt. Die britische Nachrichtenagentur Reuters hat nachgehört, ob das US-Förderungspaket IRA wirklich zieht. Ergebnis: Etliche EU-Firmen hegen tatsächlich transatlantische Um- oder Ansiedelungspläne. So sagt der deutsche Auto- und Industriezulieferer Schaeffler: „Die nächsten Werke bauen wir eher in Amerika. Es besteht die Gefahr, dass Europa der Verlierer dieser Umverteilung wird.“ fundscene.com
🇪🇺🇭🇺🚂 Europäische Ruhe bitte!
Ein ungarischer Lokführer hat erreicht, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) allen beschäftigten EU-Bürgern eine tägliche Pause von mindestens elf zusammenhängenden Stunden garantiert hat. Und zwar auch vor oder nach freien Tagen. Jeder Arbeitnehmende müsse sich in dieser Zeit aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen können. kleinezeitung.at
🇪🇺🇹🇷 Türkei soll auf Anklagebank:
Die Aussagen von 1.300 Betroffenen sollen die Türkei wegen Menschenrechtsverbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. Das will eine Initiative europäischer Juristen erreichen, angeführt von Johan Vande Lanotte. Der ist Sozialdemokrat, Ex-Vizepremier von Belgien und seit 2015 der Bürgermeister von Ostende. Er hat der Anklage in Den Haag ein Dossier übergeben, in dem Folter, Entführung und Gefangennahme von Regimegegnern angeführt werden. Es gehe um mehr als 200.000 Menschen. Problem: Die Türkei erkennt das Gericht nicht an, das aber dennoch gegen Ankara ermitteln könnte (aber nicht muss). rsw.beck.de
🇪🇺🇨🇳 Europa & China – was geht da ab?
Genau diese Frage – eine Schicksalsfrage – hat die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) untersucht. In einer Zukunftsanalyse stellt sie drei Szenarien vor. (A) Alles bleibt, wie es ist. (B) Die Kontrahenten kooperieren. (C) Beide bewegen sich auseinander. Daraus filtern die Regierungs- und Bundestagsberater konkrete Politikempfehlungen. Eingedampft heißt das: Europa braucht dringend mehr China-Kompetenz in Politik und Unternehmen, um für kommende Entwicklungen in der kommunistischen Volksrepublik gewappnet zu sein. Denn daran hapert es. swp-berlin.org
🇪🇺💹 Neue EU-Regeln für grüne Investitionen:
Die EU führt einen neuen hochwertigen Standard für grüne Anleihen ein. Darauf hat sich das Europäische Parlament mit dem Rat der Regierungschefs verständigt. Sie wollen europäischen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ab 2024 im Rahmen einer Verordnung ermöglichen, Mittel für klimagerechte Investitionen zu beschaffen, die zugleich nachhaltig sind. So müssen Emittenten sicherstellen, dass mindestens 85 % der Anleihemittel mit der EU-Taxonomie in Einklang stehen. Ziel ist es „Greenwashing“ zu verhindern, also irreführende Marketing- oder Werbepraktiken, die Angebote umweltfreundlicher erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind. ec.europa.eu
🇪🇺🇩🇪🚗 Deutschland stoppt das europäische Verbrennerverbot – jedenfalls vorerst:
FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat das bevorstehende europäische Verbot neuer Benzin- und Dieselautos ausgebremst. Die Botschafter der 27 EU-Länder mussten das Thema gestern von der Tagesordnung nehmen, weil das Nein Berlins die qualifizierte Mehrheit blockiert hätte. Wissing möchte die Nutzung synthetischer Kraftstoffe (E-Fuels) retten. Die geplante EU-Verordnung, die das Europäische Parlament kürzlich gebilligt hatte, soll dagegen neue Verbrennerautos ab 2035 grundsätzlich von europäischen Straßen verbannen. Der Sieg des Liberalen dürfte aber nur von kurzer Dauer sein. Schon nächste Woche könnte Wissing in Brüssel von seinen Kollegen überstimmt werden. spiegel.de
🇪🇺🇺🇸 Transatlantischer Datenschutz:
Ein gemeinsam zwischen den USA und der Europäischen Union abgestimmter Datenschutz rückt näher, nachdem der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) einen Vorschlag der Europäischen Kommission für das „EU-U.S. Data Privacy Framework“ weitgehend gebilligt hat. So hob er „wesentliche Verbesserungen“ für die nachrichtendienstliche Datenerhebung in den USA und den Rechtsbehelfsmechanismus für Betroffene aus der EU hervor. Bedenken gibt es unter anderem noch bei Weiterübermittlung personenbezogener Daten. Der EDSA ist eine unabhängige Einrichtung zur Vereinheitlichung des Datenschutzes in Europa. datenschutz.de
🇪🇺🤑 Emsige EU-Staatsanwaltschaft:
Die vor weniger als zwei Jahren eingeführte Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA/EPPO) macht einen guten Job. Davon ist die Leiterin und ehemalige rumänische Anti-Korruptions-Staatsanwältin Laura Kövesi überzeugt. Sie koordiniert 20 nationale Ermittlungsbehörden, um das Geld der europäischen Steuerzahler gegen Geldwäsche, Korruption und Steuerbetrug zu schützen. In ihrem Jahresbericht sagt die 49jährige Juristin, sie habe bereits mehrere mutmaßlich kriminelle Gruppen identifiziert und einen Steuerschaden von 2,2 Milliarden Euro ermittelt. Derzeit untersucht sie von Luxemburg aus weitere 1.117 Fälle, darunter 114 in Deutschland, meistens wegen Umsatzsteuerbetrug. sueddeutsche.de eppo.europa.eu/de
🇪🇺🇫🇷⚛️ Atomkraft? In Europa ja bitte:
Frankreich hat weitere zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union um sich geschart, um sich eng bei der Atomenergie abzustimmen. Beobachter sehen darin eine Allianz gegen Deutschland, das ganz auf Energien wie Wind oder Sonne setzt. Präsident Emmanuel Macron jedoch will die Kernspaltung als Teil der Energiewende in Europa verankern. Sein Pakt – dem Länder wie die Niederlande, Polen und Finnland angehören – soll schon existierende Atomkraftwerke ebenso fördern, wie neue Projekte. Außerdem ist enge Zusammenarbeit bei Forschung und Sicherheit geplant. Damit gerät die Bundesregierung mit ihren Followern Spanien, Österreich und Luxemburg in die Defensive. tagesschau.de
🇪🇺🏭 Rettet Europas Industrien!
Der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Werner Hoyer, hat die Europäer zu mehr Anstrengungen für den Ausbau der Großindustrie aufgefordert. In einem Artikel, den mehrere Medien veröffentlicht haben, bezeichnet der ehemalige FDP-Außenpolitiker die massive Staatsförderung der USA für grüne Branchen als „Weckruf für Europa“. Nur „intelligente, gezielte Investitionen“ könnten die Abwanderung von Unternehmen in die USA stoppen. Um Vorabinvestitionen „in Höhe von mehreren Milliarden Euro“ zu ermöglichen schlägt Hoyer konkret einen „EU-Beteiligungsfonds“ vor, der Spitzenunternehmen bei der Gründung hilft. n-tv.de
🏵️🖥️ NATO braucht Cybersoldaten:
Erstmals findet in der Ukraine ein massiver Krieg mit hybrider „Begleitmusik“ statt: Desinformation, Fakenews und gezieltes Lügenverbreiten – alles Bestandteile der Kreml-Kriegführung. Angesichts dessen rät die US-Denkfabrik Atlantic Council der NATO, mehr Mittel in die Bekämpfung hybrider Streitkräfte zu investieren. Es brauche mehr Koordinierung nationaler Abwehrmaßnahmen und neue Konzepte gegen russische Einflussoperationen, fordert Ryan Arick, Vizedirektor der Transatlantischen Sicherheitsinitiative (TSI) des Atlantic Council. www.atlanticcouncil.org
„Der Krieg hat Europa den Weg gewiesen, auf dem es sich von einer Friedensmacht zu einem muskulösen geopolitischen Akteur entwickeln kann.“
Atlantic Council ⬇️
🇪🇺💸 Schon wieder europäische Schummelei:
Ein neuer Betrugsvorwurf erschüttert das Europäische Parlament. Die Europäische Staatsanwaltschaft (Eppo) hat in Brescia 170.000 Euro Bargeld der italienischen EU-Abgeordneten Stefania Zambelli und vier ihrer Assistenten beschlagnahmt. Sie sollen bezahlte Tätigkeiten vorgetäuscht, Qualifikationen gefälscht und sich Luxusfahrzeuge angeeignet haben. Ein Verdächtiger ist offenbar eng mit der 51jährigen Parlamentarierin verwandt, die zur Lega Nord gehört, einer rechtspopulistischen Partei unter Führung von Ex-Innenminister Matteo Salvini. eppo.europa.eu
🇪🇺🛃🇬🇧 Uschi und Rishi wuppen es:
Nach monatelangem Streit haben Brüssel und London sich über den Nach-Brexit-Handel des britischen Landesteils Nordirland geeinigt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Premierminister Rishi Sunak hatten dafür in Windsor nahe London persönlich verhandelt. Das Problem: Nordirland muss die EU-Außengrenze zu EU-Mitglied Irland offen halten, weshalb die Zolllinie erst in der See vor den britischen Inseln verläuft. Das erschwert den innerbritischen Handel, weshalb London den Brexit-Vertrag nachverhandelt hat. Laut Sunak sorgen die neuen Regeln für reibungslosen Handelsfluss etwa durch neue „grüne“ und „rote“ Fahrspuren beim Zoll, wo bislang überbordend viele Bescheinigungen nötig sind. Damit ist die schwierigste Frage nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreiches vom Tisch – wenn nicht konservative Hardliner dazwischenfunken. bild.de
🇪🇺💀 EU nach Migrantenmassentod untätig:
Mehr als 60 Migrantenleichen sind nach dem katastrophalen Bootsunglück beim italienischen Mittelmeer-Badeort Steccato di Cutro angespült worden. Die Regierung in Rom und die Europäische Kommission äußern sich bestürzt über den Massentod. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen postete auf Twitter, sie sei “tief betrübt”. Dennoch dürfte das erneute Sterben den 27-Staaten-Verbund nicht zu gemeinsamem Handeln in der Migrationsfrage aufrütteln. sueddeutsche.de
🇸🇪🇹🇷 Nun also doch, Schweden?
Was der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seit Langem behauptet, ist wohl die Wahrheit: Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt öffentlich von dem skandinavischen Land aus Terroraktivitäten gegen die Türkei. Das deutet die Vizechefin der Terrorbekämpfung beim Geheimdienst Säpo, Susanne Trehörning, an. Es gebe zwar kein direktes Attentatsrisiko, aber Finanzierungen. Das Eingeständnis könnte kommen, um Erdogans Widerstand gegen den NATO-Beitritt Stockholms zu brechen. derstandard.de
🇪🇺🇭🇺 Orbán-Freund unter Beschuss:
Die umstrittenste Person in Brüssel ist derzeit Olivér Várhelyi. Der gelernte Diplomat aus Ungarn war EU-Botschafter seines Landes und ist seit 2019 der EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik. Insider schildern ihn als „schwierigen Charakter“. Nun fordert die Sozialdemokratische Fraktion (S&D) des EU-Parlaments eine Untersuchung mit möglicher Abberufung gegen den 50jährigen, weil er bewusst Rechtsstaatsfragen vernachlässige. Das Fass zum Überlaufen brachte Várhelyi kürzlich selbst, als er im Parlament vergaß das Mikrofon abzuschalten und von den Abgeordneten laut und deutlich als „Idioten“ sprach. socialistsanddemocrats.eu