EUROPA: Die Top-Ten-Themen der Woche
Von WOLF ACHIM WIEGAND đȘđș
Was hat Europa vergangene Woche an- und umgetrieben?
Als europĂ€isches Duo sind EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs StaatsprĂ€sident Ursula von der Leyen in Peking aufgetreten. Angereist waren sie zwar in jeweils eigenen Fliegern (Macron im Regierungsjet, von der Leyen im Linienflugzeug). Aber vor Ort war der Besuch synchronisiert getaktet. Dabei brachte die Deutsche nach auĂen hin eher die unangenehmen Themen vor – etwa: Dass sie Europa von China entkoppeln möchte. Der Franzose gab eher den Charmeur ab. Es war ein vorher abgesprochenes Spiel – “Guter Bulle, böser Bulle” (good cop, bad cop) – ć„œèŠćŻïŒćèŠćŻ…
DAS ALLES UND NOCH VIEL MEHR —ïž

Pilgerfahrt nach Peking

đȘđșđ«đ·đšđł China lĂ€chelt, Europa auch – schmallippig…
Nach auĂen mit WĂ€rme ist Frankreichs StaatsprĂ€sident Emmanuel Macron in Peking vom chinesischen Herrscher Xi Jinping empfangen worden. EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen, die quasi auf dem Ticket Macrons ins Reich der Mitte mitgereist war, hatte es schwerer. FĂŒr sie “fahren die Chinesen weniger auf,” berichtet FAZ-Korrespondent Jochen Stahnke: Kein Staatsempfang, nur ein kurzer HĂ€ndedruck Xis ohne LĂ€cheln.
Die Reaktion gegenĂŒber von der Leyen ist nachvollziehbar, hatte sie doch wenige Tage vor dem Peking-Trip die diskriminierenden Handelspraktiken Chinas angeprangert. Sie wolle chinesische Investitionen in der EU dahingehend ĂŒberprĂŒfen, ob sie europĂ€ische strategische Interessen beeintrĂ€chtigten, hatte die Deutsche gedroht. In China gehe es daher vor allem um handelspolitische âRisikominderung durch Diplomatieâ, so von der Leyen zu Journalisten. Zu Taiwan sagte sie, dass “niemand den Status quo einseitig mit Gewalt Ă€ndern sollte”.
FĂŒr Macron lief es glatter, obwohl er in der Abschlusspressekonferenz zum sichtbaren Unwillen Xis zwei Mal so lange vortrug, wie der Gastgeber (das macht man nicht). Macron hatte eines der kitzligsten Themen angesprochen – den Ukrainekrieg:
“Ich weiĂ, dass ich auf Sie zĂ€hlen kann ⊠wenn es darum geht, Russland zur Vernunft zu bringen und alle wieder an den Verhandlungstisch zu bringen”
Emmanuel Macron, StaatsprÀsident Frankreich, direkt zu Xi Jinping, Staatslenker China
Das sind Ăbereinstimmungen zwischen Macron und Xi – sensationell sind sie aber nicht:
- Gemeinsam haben China und Frankreich dazu aufgerufen, keine Atomwaffen einzusetzen.
- Gemeinsam befĂŒrworten sie “so bald wie möglich” FriedensgesprĂ€che zwischen Russland und der Ukraine.
Macrons Blick ging auch auf die Wirtschaft. Die Lieferung von 160 Airbus-Flugzeugen nach China hat er in der Tasche. Airbus wird zudem in China eine zweite Montagelinie aufbauen und die KapazitĂ€ten dort verdoppeln. AuĂerdem gab es Vereinbarungen zu Atomkraftwerken und Windkraftanlagen. Der PrĂ€sident hatte mehr als fĂŒnfzig Firmenvertreter dabei.
Leyen und Li, ungefiltert
Besser als bei Xi verlief die BegrĂŒĂung der EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen durch den chinesischen Premierminister Li Qiang. Beobachter analysieren: Der Ton habe sich gegenĂŒber frĂŒher geĂ€ndert – kein Bombast mehr, dafĂŒr aber viel Bescheidenheit.
Hintergrund: Chinas Atomarsenal – groĂ, aber nicht Weltspitze
Die Volksrepublik China hat die Modernisierung ihrer Nuklearwaffen fortgesetzt und baut das Arsenal erheblich aus. Das geht aus dem “Nuclear Notebook” des Bundes amerikanischer Wissenschaftler (FAS) hervor. Darin heiĂt es:
“Wir schĂ€tzen, dass China einen Vorrat von etwa 410 nuklearen Sprengköpfen produziert hat, die von landgestĂŒtzten ballistischen Raketen, seegestĂŒtzten ballistischen Raketen und Bombern eingesetzt werden können.” Es werde erwartet, dass das Arsenal in den nĂ€chsten zehn Jahren erheblich ansteigen werde, aber es bleibe “deutlich kleiner als das von Russland oder den Vereinigten Staaten”. thebulletin.org
đ«đź Willkommen, Finnland!
Seit Dienstag 04.04.2023, dem GrĂŒndungstag der NATO (1949), ist Finnland offizielles Mitglied der westlichen Verteidigungsallianz. Es kontrolliert fĂŒr alle angeschlossenen Staaten die lĂ€ngste europĂ€ische Grenze mit Russland: 1340 km durch unbewohnte Taiga und einsame Regionen. Die Nato-AuĂengrenze zu Russland ist um ĂŒber das Doppelte gewachsen.
Der Kreml schĂ€umt, kĂŒndigt âGegenmaĂnahmenâ an. Das bislang neutrale Land ist das 31. NATO-Mitglied. Zur Feier des Tages wurde Manneken Pis, das pinkelnde Symbol der NATO-Hauptquartierstadt BrĂŒssel, in ein blauweiĂes NATO-Outfit gewandet.
đ”đ±đșđŠ Polen und Ukraine: Gemeinsame Kriegsunion geplant?
Der ukrainische PrĂ€sident Wolodymyr Selenskyj und sein polnischer Kollege Andrzej Duda haben in Warschau eine massive Ausweitung der MilitĂ€rzusammenarbeit beschlossen. So sollen sĂ€mtliche polnischen Kampfjets vom Typ MiG-29 an das Nachbarland geliefert werden, das seit ĂŒber einem Jahr gegen die völkerrechtswidrig einmarschierte russische Armee kĂ€mpft. Die ausgeweitete Kooperation ist so massiv, dass Beobachter spekulieren, ob es jetzt zu einer Art Kriegsunion kommt. lostineu.eu
Razzia schadet CSU-Weber:
Nach der Polizeidurchsuchung vom Dienstag im BrĂŒsseler Hauptquartier der europĂ€ischen Christdemokraten (EVP) gerĂ€t deren Vorsitzender Manfred Weber (CSU) ins politische Visier. Er soll den Mann gefördert haben, dem die Korruptionsuntersuchung gilt: Mario Voigt, derzeit CDU-Chef in ThĂŒringen und vormals EVP-Digitalmanager im Europawahlkampf 2019. Er soll Geld fĂŒr eine Auftragsvergabe genommen haben.
An Weber und seinen Entscheidungen gibt es bei EVP und CDU schon lĂ€nger Kritik. Umstritten ist u.a. die AnnĂ€herung des Bayern an Rechtsnationalisten wie die polnische Partei PiS und an die postfaschistische âFratelli d âItaliaâ. Die Polizei hatte bei der Durchsuchung mehrere Computer beschlagnahmt. Zur EVP gehören auch EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen – von der Weber nichts hĂ€lt – und EU-ParlamentsprĂ€sidentin Roberta Metsola aus Malta.

EU-HĂ€fen im Mafia-Griff:
Das organisierte Verbrechen infiltriert immer stÀrker europÀische HÀfen. Das zeigt eine Analyse der europÀischen Polizeibehörde Europol in Kooperation mit den Behörden in Hamburg, Bremerhaven, Antwerpen und Rotterdam. Danach versuchen kriminelle Netze gezielt zentrale logistische Punkte unter ihre Kontrolle zu bringen. Eine Methode ist der Diebstahl von Container-Referenzcodes, mit denen illegal beladene Container (z. B. mit Drogen) berechnet abtransportiert werden können. Europol empfiehlt allen Hafenakteuren besser und koordinierter hinzuschauen. europol.europa.eu (Europol) tagesschau.de
âDer Bericht zeigt, womit wir es zu tun haben: Raffinesse krimineller Drogenbanden, ihre StĂ€rke und ihre Grausamkeit.â
Ylva Johansson, EU-Kommissarin fĂŒr Inneres
đ ZERSCHELLEN EUROPĂISCHE WELTRAUMPLĂNE?
Beim Austritt GroĂbritanniens aus der EuropĂ€ischen Union (Brexit) haben beide Seiten âvergessenâ, eine Einigung ĂŒber das gemeinsame Weltraumprogramm zu treffen. Nun fĂ€llt das VersĂ€umnis wie ein irregeleiteter Asteroid auf die Akteure zurĂŒck und könnte das Copernicus-Programm zerschlagen. Es ĂŒberwacht die ökologische Entwicklung der Erde von Satelliten aus. Die Briten fĂŒhlen sich davon ausgeschlossen und verweigern die Zahlung von 721 Millionen Euro. Das gefĂ€hrdet FĂ€higkeiten wie das Katastrophenmanagement.
Kein Ende “Goldener Visa”:
Die umstrittene Praxis einzelner europĂ€ischer Staaten, reichen AuslĂ€ndern als Gegenleistung fĂŒr GroĂinvestitionen die StaatsbĂŒrgerschaft â und damit freien EU-Zugang ĂŒber die europĂ€ische StaatsbĂŒrgerschaft – zuzuerkennen, hört trotz angeblicher AbschaffungsbemĂŒhungen nicht auf. Griechenland etwa erhöht den Mindestinvestitionsbetrag fĂŒr ein âGoldenes Visumâ ab 1. Mai von 250.000 EUR auf das Doppelte â das erschwert den Zugang, lĂ€sst die Praxis aber bestehen. Auch in Portugal gibt es Probleme: Die autonome Inselregion Madeira weigert sich MillionĂ€re und MilliardĂ€re zu verprellen. Eigentlich sollen âgoldene Visaâ, die es auch in Irland und auf Zypern gibt, EU-weit nach und nach gestrichen werden. schengenvisainfo.com

Bekenntnis:
NATO-GeneralsekretĂ€r Jens Stoltenberg: “Die Ukraine wird dem westlichen VerteidigungsbĂŒndnis beitreten”
NATO in Aktion:
Die gröĂte NATO-MilitĂ€rĂŒbung seit Jahren lĂ€uft derzeit in Frankreich. An dem mehrmonatigen Manöver âOrion 23â sind auf dem Höhepunkt 12.000 Soldaten aus den verbĂŒndeten europĂ€ischen LĂ€ndern Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Spanien, UK und aus den USA beteiligt. Das Training mit Angriffssimulationen umfasst Verteidigungsoperationen zu Lande, in der Luft, zur See und im Cyberspace. Es endet im Mai 2023.

413 Milliarden Euro…
… betrĂ€gt der neue französische MilitĂ€retat. Bislang umfassten die Ausgaben fĂŒr die StreitkrĂ€fte “nur” 295 Milliarden Euro. Ziel des finanziellen Kraftaktes: Die Armee soll europĂ€ische Gefechte hoher IntensitĂ€t auf lange Dauer fĂŒhren können. Details: esut.de

Illegaler Waffenhandel:
Die europĂ€ische Polizeibehörde Europol meldet die Festnahme zahlreicher illegaler WaffenhĂ€ndler. Schwerpunkt war der Vertrieb von Schreckschuss- und Signalpistolen, die sich leicht zum Abfeuern scharfer Munition umbauen lassen. Die meisten im EU-Gebiet beschlagnahmten ĂŒber 1 600 Waffen stammten aus der TĂŒrkei , von wo sie illegal eingeschmuggelt wurden. An der Operation âConversusâ beteiligten sich Strafverfolgungsbehörden aus 31 LĂ€ndern. europol.europa.eu
đŹđ§ No political correctness:
Der Einwanderersohn und konservative britische Premierminister Rishi Sunak will âpolitische Korrektheitâ gegenĂŒber migrantischen StraftĂ€tern bekĂ€mpfen. Er kĂŒndigte gesetzliche MaĂnahmen an, um zu erreichen, âdass VerdĂ€chtige sich nicht aufgrund kultureller Empfindlichkeiten der Justiz entziehen können.â Er wolle âgefĂ€hrliche Banden aussortierenâ, die Kinder und junge Frauen ausbeuteten. Sunaks ebenfalls von Migranten abstammende Innenministerin Suella Braverman sagte, vor allem aus Pakistan kommende MĂ€nner hĂ€tten Werte, die völlig im Widerspruch zu britischen Werten stĂŒnden. welt.de

EuropÀische OsterbrÀuche:

đ«đ· Frankreich: Anders als bei uns verstummen die Kirchenglocken nach dem GrĂŒndonnerstag. Sie tun das, um den Tod Jesu zu beklagen.
đ§đŹ Bulgarien: Gekochte Eier werden ausschlieĂlich rot gefĂ€rbt. Das erinnert an das Blut Jesu. AnschlieĂend werfen die Bulgaren die Eier an Kirchenmauern. Wessen Ei nicht zerplatzt, dem ist Gesundheit und Erfolg beschieden.
đȘđž Spanien: Ăberall gibt es Prozessionen. Die Teilnehmer sind verhĂŒllt, tragen hohe Kapuzen und Heiligenstatuen und singen Klagelieder in Erinnerung an den Leidensweg Christi. AnschlieĂend servieren die Familien Lammgerichte oder Stockfisch.