2023/16 EUROPA Top-Ten-Themen der Woche: NATO, Klima, Sex

EUROPA: Die Top-Ten-Themen der Woche

Von WOLF ACHIM WIEGAND 🇪🇺

Was hat Europa vergangene Woche an- und umgetrieben?

Die einschneidendsten Maßnahmen seit Jahren kommen auf EU-Bürger durch das Klimapaket zu (siehe unten). Wenn die 27 Regierungsschefs es billigen – wovon im Wesentlichen auszugehen ist – wird kein Haushalt und kein Unternehmen unbehelligt bleiben. Nach und nach werden die strengsten Umweltauflagen der Welt eingeführt.

Dass NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erstmals persönlich in die Ukraine gereist ist, wurde in Moskau mit spitzen Ohren beobachtet. Es gibt kaum ein deutlicheres Signal dafür, dass der Angriffskrieg des Kreml ins Leere laufen wird. Der Westen ist fest entschlossen, das in Krieg verwickelte Land nach Kampfende in seine Allianz aufzunehmen.

Das Europäische Parlament ist kein Ort für Heilige oder Traurige. Es ist, wie andere Arbeitsplätze auch, eine Ansammlung ganz normaler Menschen. Dort kommt es gelegentlich zu zarten oder harten Anbandelungen. Manche gehen glücklich aus, andere enden in bitteren Anwürfen. So, wie im neusten “Sex-Skandal”, den die Justiz aufrollen muss.  

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Politik Foto Europa Ursula von der Leyen

NATO-Chef besucht Ukraine:

Erstmals seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg überraschend Kyjiw besucht. Er absolvierte unter massivem Sicherheitsschutz mehrere Geheimtreffen, konferierte unter anderem mit Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Stoltenberg hatte kürzlich gefordert, Russland ein für alle Mal seine Grenzen aufzuzeigen. Die NATO-Staaten haben nach eigenen Angaben seit Kriegsbeginn umgerechnet über 136 Milliarden Euro Militärhilfe geleistet. Dänemark und Norwegen wollen 14 Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern.

Der NATO-Generalsekretär traf einen Tag später auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz ein. Dort nahm er mit Regierungsvertretern aus rund 50 Staaten an der Ukraine-Unterstützungskonferenz teil. Einige Beschlüsse:

  • ⚡️ Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Luftverteidigung der Ukraine, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius.
  • ⚡️ Die Ukraine, Polen und Deutschland unterzeichneten eine Absichtserklärung zur Schaffung eines Wartungszentrums für ukrainische Leopard-2-Panzer in Polen.
  • ⚡️ 31 Abrams-Panzer aus den USA werden im Mai in Deutschland eintreffen, und die ukrainischen Truppen werden kurz darauf mit der Ausbildung an ihnen beginnen. Daran werden etwa 250 Soldaten teilnehmen. Der Kurs dauert jeweils etwa zehn Wochen.

„Der rechtmäßige Platz der Ukraine ist in der NATO“

Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär

Richtige Frau am richtigen Ort:

Als offensichtliches Goodwill-Signal entsendet die Europäische Union die Erweiterungsexpertin Katarina Mathernová als Botschafterin in die Ukraine. Die Slowakin ist derzeit Vize-Chefin der EU-Generaldirektion für Beitrittsverhandlungen. Sie wird in Kyjiw eine zentrale Rolle spielen, wenn die Kommission in wenigen Monaten eine Bewertung des Beitrittskandidaten Ukraine abgibt.

Endspurt für EU-Klimaregeln:

Nach zweijähriger Beratung hat das Europäische Parlament endgültig das ambitionierte Klimapaket der EU gebilligt. Wenn die 27 Mitgliedsländer zustimmen, werden die Maßnahmen in ganz Europa verbindlich. Das Aktionsbündel sieht die Überarbeitung des EU-Klimamarktes vor sowie die Einführung einer Kohlenstoffsteuer und einen sozialen Klimafonds zur Entschädigung der Schwächeren. Ziel des so genannten Fit-for-55-Paketes ist es, die EU-Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Die größten Einschnitte kommen beim Luftverkehr und der Schifffahrt sowie für Stromerzeuger und starke Verschmutzer. Auch für Gebäude und Straßenverkehr gilt ein CO₂-Preis. tagesschau.de

„China ist nicht Russland“:

In einer leidenschaftlichen Rede vor dem Europäischen Parlament hat der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell dazu gemahnt, neben Russlands Aggression gegen die Ukraine den Blick verstärkt nach Peking zu lenken. Denn anders als Russland sei China „eine wachsende Supermacht, die in allen Teilen der Welt präsent ist.“ Falsch sei es jedoch, sich vom wirtschaftlich expandierenden China abkoppeln zu wollen – das werde Europa „mit Sicherheit nicht gewinnen“. Stattdessen müsse Europa sich wirtschaftlich diversifizieren, um Abhängigkeiten zu verringern. Trotz des „Rivalenmodus“ dürfe Europa nicht aufhören, mit China zu reden. eeas.europa.eu/eeas

Zitat Foto Europa Ursula von der Leyen

„Unsere Strategie gegenüber China muss auf vier Worten basieren: Werte, wirtschaftliche Sicherheit, Taiwan und Ukraine.“

Josef Borrell, EU-Außenbeauftragter
Wirtschaft Foto Europa Ursula von der Leyen

S.O.S. wegen Russlandöl:

Als unzureichend betrachten Experten die laufenden Beratungen der europäischen Regierungen über eine neue Strategie für die maritime Sicherheit. So werde zu wenig über die Kontrolle sanktionierter russischer Öltransporte nachgedacht, heißt es beim Londoner Sicherheitsbüro Dryad.

Hunderte Tankschiffe, die russisches Öl verschieben, seien eine Gefahr für europäische Schifffahrt und Meeresumwelt. Denn die führen unter Billigflaggen, mit gefälschten Daten und ohne Einschalten der Ortungssysteme. „Dutzende dieser minderwertigen Tanker“ passierten regelmäßig Skagerrak und Kattegat, würden aber weder überwacht noch kontrolliert. channel16.dryadglobal.com

Konfrontation wegen Getreide:

Die EU-Kommission hat die Regierungen von Ungarn und Polen gemaßregelt, weil sie nach der Slowakei ebenfalls Getreideeinfuhren aus der Ukraine gestoppt haben. Einseitige Handelsmaßnahmen durch europäische Mitgliedsstaaten seien unzulässig, weil die Nationen dafür nicht zuständig seien, sagte ein Sprecher – ohne Sanktionen gegen die Regelbrecher anzukündigen. Im Gegenteil: Die EU will gut 100 Millionen Euro für Landwirte ausgeben, die unter der Schwemme an Sonnenblumenkernen, Raps, Weizen und Mais leiden.

Hintergrund: Wegen des russischen Angriffskrieges kann die Kornkammer Ukraine ihr Hauptexportprodukt nicht mehr vollständig über ihre Schwarzmeerhäfen verschiffen. Deshalb landen übermäßig große Mengen Getreide – aus Solidarität zollfrei – in den Nachbarländern, was dortige Landwirte als existenzbedrohend ansehen. Auch Bulgarien wird ukrainisches Getreide fernhalten. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis wollte mit betroffenen Ministern eine Einigung herbeiführen. world-grain.com

Schwere Geburt:

Die Schaffung der weltgrößten Freihandelszone zwischen der EU und der südamerikanischen Mercosur-Region kommt nicht in die Puschen. Nach mehr als 20 Jahren Verhandlungen solle die Einigung zwar bis Ende Juni stehen, heißt es in Brüssel. Doch die Bedenken verstummen nicht. Die vier beteiligten Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay empfinden geplante Regeln zu Nachhaltigkeit und Menschenrechten als zu weitgehend. Die Umweltorganisation Greenpeace indes malt eventuelle europäische Einfuhren gefährlicher Pestizide an die Wand. Auch der Bauernverband (DBV) ist unglücklich: Position

Wissing fordert EU-Realintelligenz:

Ein Verbot des spektakulären Textautomaten ChatGPT wie in Italien ist nach Ansicht von Bundesdigitalminister Volker Wissing die falsche Antwort auf immer mehr künstliche Intelligenz (KI). Stattdessen schlägt der FDP-Politiker vor, schnellstmöglich europäische Regeln zu beschließen – „bevor es dafür zu spät ist, das darf nicht wieder Jahre dauern“. Europa brauche einen gesetzlichen Rahmen, der sicherstelle, dass KI nur dann eingesetzt werden darf, wenn sie Werte wie Demokratie, Transparenz und Neutralität hält. Generell sei es jedoch „atemberaubend“, was KI könne. netzwelt.news

Gesellschaft Foto Europa Ursula von der Leyen

Sex-Vorwürfe im EU-Parlament:

Die Immunität des griechischen Europaabgeordneten Alexis Georgoulis wird wohl aufgehoben, damit die Justiz Beschuldigungen über sexuelle Belästigung nachgehen kann. Der 48jährige Regisseur gehört zur größten griechischen Oppositionspartei Syriza (EU-Linke). Er bestreitet die Vorwürfe einer früheren Mitarbeiterin. Sie kommen vier Wochen vor den griechischen Parlamentswahlen.

Koks-Route geschlossen:

Nach jahrelanger Beobachtung haben europäische Fahnder ein aufwendig betriebenes interkontinentales Drogenschmuggel-Netzwerk zerschlagen. Nach Angaben der EU-Polizeibehörde Europol hatten die Kriminellen Haschisch von Marokko nach Südamerika gebracht. In gegenläufiger Richtung gingen Kokain über den Atlantik und die Westküste Afrikas nach Spanien. Zum Transport der Ware nutzen die Schmuggler auch Schnellboote. Insgesamt verhaftete die Polizei in verschiedenen Ländern 50 Personen und beschlagnahmte fünf Tonnen Haschisch und zwei Tonnen Kokain. europol.europa.eu

Europa in die Glotze bringen:

Anne Will will nicht mehr. Sie räumt Ende des Jahres den angestammten Talkshow-Sendeplatz. Der wird also vakant. Und nun?

Eine Petition, die beachtlichen Umlauf erreicht hat, möchte herbeiführen, dass der Sonntagabend nach dem Tatort-Krimi „europäisch“ wird. Die Petenten fordern: Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke und der zuständige NDR möchten bitte ein transnationales Format zur besten Sendezeit einführen – „mit europäischen Themen und europäischen Gästen“.

Unterstützer sind verschiedenste Verbände. Von „Europa – Union Deutschland“ über „Pulse of Europe“ bis zu „Mehr Demokratie”. Jeder TV-Zuschauer kann unterzeichnen: innn.it/EuropaWill

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