Europa: TOP-THEMEN 2023/25: Schock, Kunsthirne, Vestager

EuropÀische Top-Ten-Themen der Woche

Von WOLF ACHIM WIEGAND đŸ‡ȘđŸ‡ș

Was hat Europas Macher vergangene Woche an- und umgetrieben?

Es ist zum Verzweifeln: Die EU kann tun, was sie will – die Industriepolitik der USA ist erfolgreicherer und saugt Unternehmen nach Nordamerika. Es ist wichtig: KĂŒnstliche Intelligenz krempelt die Arbeitswelt um – mit Folgen fĂŒr die BeschĂ€ftigten. Und: Mit Margrethe Vestager verlieren die europĂ€ischen Liberalen und die gesamte EU eine der profiliertesten Streiterinnen auf der BrĂŒsseler BĂŒhne – die streitbare dĂ€nische Wettbewerbskommissarin will ihren hervorgehobenen Top-Job gegen eine mĂ€chtige, aber nicht so glanzvolle Rolle tauschen…

DAS ALLES UND NOCH VIEL MEHR â€”

Zahlen, die schockieren

Obwohl die EuropĂ€ische Union derzeit die offensive US-Industriepolitik durch Bereitstellung staatlicher Geld zu kontern versucht, unterliegen unsere Chiphersteller, E-Autofabrikanten oder Solarproduzenten und fast alle weiteren Bereiche den Nordamerikanern. Bei Technologie dominieren in Europa US-Unternehmen wie Amazon, Microsoft und Apple. US-UniversitĂ€ten bringen immer wieder neue Tech-Start-ups hervor, in Europa de facto nicht. In der Industrie produzierte Europa 1990 noch 44 Prozent aller Halbleiter auf der Welt, heute sind es noch neun Prozent, wohingegen die USA auf 12 Prozent kommen…

“Solange kein GefĂŒhl fĂŒr die bedrohliche Lage besteht, wird Europa nicht den Willen aufbringen, um sich gegen seinen Verlust an Macht, Einfluss und Reichtum zu stemmen.”

The Financial Times

EU will Putin-PĂ€mperer stoppen:

Diesen Brechern der EU-Sensation gegen Russland könnte es bald an den Kragen gehen: Kasachstan, Armenien, Vereinigte Arabische Emirate und vielleicht auch China. Die Vertreter der EU-Staaten in BrĂŒssel haben sich jedenfalls auf neue Sanktionen gegen Russland verstĂ€ndigt – und sie nehmen weitere Personen und Organisationen ins Visier, die bereits erlassene Sanktionen umgehen. Wenn die VorschlĂ€ge angenommen werden, können Exporte in diese Drittstaaten eingeschrĂ€nkt werden. berliner-kurier.de

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Arbeitnehmer brauchen Schutz vor Kunsthirnen:

Das im Entstehen begriffene Gesetz der EuropĂ€ischen Union (EU) ĂŒber die Regulierung von KĂŒnstlicher Intelligenz (KI) muss zum Schutz der Arbeitnehmerrechte durch ein separates KI-Arbeitsrecht ergĂ€nzt werden. Das fordern die europĂ€ischen Gewerkschaften. Nach ihrer Auffassung verĂ€ndert KI das Arbeitsleben radikal. So werde sie bereits heute fĂŒr das Tracking von Lieferdienstfahrern, fĂŒr die UnterstĂŒtzung von Fließbandrobotern und fĂŒr die Verwaltung medizinischer Patientendaten eingesetzt. Das EU-Parlament hat in seinem Gesetzentwurf ein mögliches Verbot riskanter KI-Systeme zur Erkennung von Emotionen hinzugefĂŒgt, die die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beeintrĂ€chtigen können – mehr sei aber in BeschĂ€ftigungsfragen nicht in dem Regelwerk fĂŒr KI-basierte Produkte und Dienstleistungen enthalten. euobserver.com

FĂŒnf EU-Maßnahmen gegen China:

Die EuropĂ€ische Kommission hat ihre „Strategie fĂŒr wirtschaftliche Sicherheit“ vorgestellt. Wie vorab bekannt wurde, enthĂ€lt das Papier fĂŒnf Maßnahmen zum Schutz der EU vor LĂ€ndern wie China und Russland, die Europa in die AbhĂ€ngigkeit bringen wollen. Dazu bittet BrĂŒssel um Befugnisse gegen DrittlĂ€nder, neue BeschrĂ€nkungen fĂŒr Investitionen strategischer Konkurrenten und eine Verordnung gegen globale Wettbewerbsverzerrung. Besonderen Raum nimmt eine Hafenstrategie zur Abwehr auslĂ€ndischer Investments in kritische europĂ€ische Infrastrukturen ein.

Schleppende EU-AufrĂŒstung:

Die flammenden Bekenntnisse europĂ€ischer Politiker angesichts der russischen Kriegsaggression zu massiven Investitionen in RĂŒstung materialisieren sich nur langsam. Das zeigt eine Recherche des europĂ€ischen Informationsportals Politico. Danach gibt es langfristige IndustrieauftrĂ€ge fĂŒr Waffen und Munition nur im Schneckentempo. Auch ĂŒber eine bessere gemeinsame Beschaffung und Finanzierung des Blocks werde in BrĂŒssel immer noch verhandelt. Der politische Wille sei zwar da, aber BĂŒrokratie und Langsamkeit auch. Dazu komme Rohstoffknappheit fĂŒr militĂ€risch nutzbaren Stahl sowie fĂŒr Sprengstoff und Treibstoff. politico.eu

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“Wir geben der Sicherheit des Landes die Bedeutung, die sie verdient”

Olaf Scholz (SPD), deutscher Bundeskanzler, in seiner RegierungserklÀrung zu Europas Verteidigung, Beziehungen zu China und Asylpolitik
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Bedeutet Fliegen lĂŒgen?

Der EuropĂ€ische Verbraucherverband (BEUC) hat 17 europĂ€ische Fluggesellschaften irrefĂŒhrender klimabezogener Behauptungen beschuldigt. Die seit 1962 tĂ€tige Organisation mit 46 MitgliedsverbĂ€nden, darunter die deutsche Stiftung Warentest, nennt Behauptungen ĂŒber klimafreies Fliegen laut einer BEUC-Rechtsanalyse eine LĂŒge und „nichts anderes als Greenwashing“. Daher mĂŒssten die genannten Fluggesellschaften – darunter Lufthansa – verkaufte „Greenfees“ an Passagiere zurĂŒckzahlen. BEUC fordert in einem Brief an die EuropĂ€ische Kommission eine EU-weite Untersuchung und Durchgreifen bis hin zu Bußgeldern. beuc.eu

Ukraine-Aufbau von Fuß bis Kopf:

Im Mittelpunkt eines Wiederaufbaus der Ukraine nach Ende des russisch verursachten Krieges muss die StĂ€rkung der Kreise und Kommunen stehen. Das empfiehlt der EuropĂ€ische Ausschuss der Regionen (AdR). Die Versammlung der EU-vor-Ort-Politik legte bei der Londoner Ukraine-Wiederaufbaukonferenz URC 2023 konkrete Empfehlungen vor. Sie laufen auf eine StĂ€rkung der Dezentralisierung auf Grundlage des SubsidiaritĂ€tsprinzips hinaus. Die Ukraine bedĂŒrfe funktionsfĂ€higer und effizienter lokaler Selbstverwaltungen zur Mobilisierung von Einnahmen im gesamten Land. Es können nur von unten nach oben wieder aufgebaut werden. cor.europa.eu

Ukraine am Tag danach:

WĂ€hrend der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine brutal weiterlĂ€uft, kursieren in den HauptstĂ€dten Europas schon Gedanken fĂŒr die Zeit nach dem erhofften Frieden. Dazu gehört der Wiederaufbau des nach Westen strebenden Landes. Die Lust, weitere Unsummen fĂŒr Kyiv zu investieren, ist je nach Regierung unterschiedlich stark ausgeprĂ€gt. Um die Last zu mindern, schlĂ€gt die internationale Denkfabrik Centre for European Reform (CER) vor, der Westen solle der Ukraine eingefrorene russische Vermögenswerte ĂŒbertragen – immerhin an die 500 Milliarden Dollar. Der Vorschlag kommt einen Tag vor der Londoner Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine (URC23). cer.eu/insights urc-international.com (Konferenz)

Alte Dame zögert Tod hinaus:

Die europĂ€ische TrĂ€gerrakete Ariane 5 will kein Alteisen werden. Am Wochenende stand das letzte Exemplar der 27 Jahre alten Veteranin in Kourou (Französisch-Guayana) erdverankert auf der Abschussrampe, obwohl sie schon am Freitag mit Nutzlast ins All starten sollte – technische Probleme auf unbestimmte Zeit! Lange hatte Ariane 5 die weltweite Satellitenabschussindustrie dominiert. Doppelt peinlich ist nun, dass die multinationale Firma Arianespace auch die Nachfolgerakete Ariane 6 nicht in die Luft bringen kann. Europas Traum von „Weltraummacht“ ist geplatzt – wohl auch, wegen eines falschen GeschĂ€ftsmodells. Elon Musk mit SpaceX und Andere waren hellwach, Europa hat selig geschlafen. science.apa.at

Agadez – EU-Grenze in Afrikas WĂŒste:

Im afrikanischen Staat Niger enden viele TrĂ€ume von der Auswanderung ins gelobte Europa. Die an der SahelwĂŒste gelegene Stadt Agadez ist seit Jahren als Ausgangspunkt fĂŒr Migranten gesperrt – weitgehend. Trotz massiver EU-gestĂŒtzter Abschottungsprojekte finden immer wieder Menschen illegale Reisewege auf tödliche Routen. Eine schweizerische Journalistin hat sich das Elend vor Ort angeschaut. woz.ch

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Europa kÀmpft mit dem Feuer:

Laut EU-Umweltagentur EEA war 2022 die zweitschlimmste Waldbrandsaison seit der Jahrtausendwende – Feuer gehören mittlerweile in weiten Teilen des Kontinents zum Sommer. Um dagegen anzugehen, haben die Regierungen unterschiedliche Strategien erarbeitet, ergibt ein Überblick. Fast alle LĂ€nder setzen auf eine massive AufrĂŒstung mit neuen Löschflugzeugen, Helikoptern, Feuerwehrfahrzeugen und Schutzkleidung. Spanien hĂ€lt zudem 25.000 zentralstaatliche EinsatzkrĂ€fte bereit, die „schnellen Brigaden“. Andere betreiben FrĂŒherkennung durch Satelliten, Radare, Drohnen und WĂ€rmebildkameras. In der TĂŒrkei gelten Zugangsverbote fĂŒr WĂ€lder. n-tv.de/wissen

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Ende eines Politstars?

Margrethe Vestager EU Kommissarin fĂŒr Wettbewerb Digitalisierung

Vor Tagen noch galt EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager als mögliche kandidatin der europĂ€ischen Liberalen als EU-KommissionsprĂ€sidentin. Doch die zupackende DĂ€nin will nicht von Ursula von der Leyen beerben, sondern PrĂ€sidentin der mĂ€chtigen EuropĂ€ischen Investitionsbank (EIB) werden, der Bank der EuropĂ€ischen Union. Deren Chef Werner Hoyer (FDP) geht in Pension. Um wĂ€hrend der Bewerbung Interessenkonflikte zu vermeiden wird Vestager ihr Amt ruhen lassen. Es dĂŒrfte das aktiv-politische Ende eines sozialliberalen EU-Stars sein. Die taffe 55jĂ€hrige, dreifache Mutter und geschĂ€ftsfĂŒhrende EU-VizeprĂ€sidentin hat seit Amtsantritt 2019 mehr als 15 Mrd. Euro an Kartellstrafen in EU-Kassen gespĂŒlt. diepresse.com

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