Europäische Themen dieser Woche
EUROPA-TopThemen von WOLF ACHIM WIEGAND 🇪🇺
(Europäische Union) – Was hat europäische Macher und Beobachter von EU-Kommission, Europäischem Rat und Europaparlament vergangene Woche an- und umgetrieben?
- Die Top-Leute hüpfen EU-Präsidentin Ursula von der Leyen von der Stange. So interpretieren manche Beobachter den Fakt, dass gleich drei Kommissare das europäische Hauptquartier verlassen haben. Zwei davon sind sogar VDLs Stellvertreter. Mehr über das Personalkarussell bei der Kommission siehe unten.
- Manche schütteln sich, andere sind hocherfreut. Die EU-Kommission will über eine Art Kriegswirtschaftsgesetz mehr Einfluss auf die europäische Rüstung nehmen. Denn in so unruhigen Zeiten wie heute hat der bisherige Friedenskontinent seit Jahrzehnten nicht mehr gelebt, erfahren Sie unten.
- Ich finde, es sagt Einiges über uns aus, wenn ein Unternehmen, dass Fettabbaupillen produziert, die wertvollste Marke Europas ist. Auch dazu: Siehe unten.
DAS ALLES UND NOCH VIEL MEHR ⤵️

Mächtige Mafia unterwandert EU-Hafenstädte:
Der Bürgermeister von Antwerpen, Bart De Wever, hat Mord und Totschlag im Drogenmilieu der zweitgrößten Hafenstadt Europas zum Anlass einer Warnung an die ganze EU genommen. Die Vorgänge bei ihm seien nur die Spitze des Eisbergs, da Kriminelle illegales Geld in die offizielle Wirtschaft investierten und ihren Einfluss auf dem gesamten Kontinent ausdehnten, sagte der populäre Flandern-Nationalist. Auch die EU-Verfolgungsbehörde Europol warnt: Drogenbanden versuchten, lokale Regierungen, Gerichte und die Polizei zu korrumpieren. Sechs EU-Länder mit großen Häfen – darunter Deutschland – koordinieren sich bereits gegen das organisierte Verbrechen. Belgien will das Thema sogar zur Priorität seiner EU-Präsidentschaft 2024 machen. politico.eu
Kranker Mann Europas?
Deutschland steht im Europa-Vergleich von Inflation und Wachstum so schlecht da wie noch nie. Das zeigen Statistiken. Danach steckt die Bundesrepublik in einer Stagflation, also einer Mischung aus wirtschaftlichem Stillstand und signifikanter Geldentwertung. Im August betrug die Inflationsrate 6,4 Prozent – das toppen nur noch die Slowakei, Kroatien und Österreich. Auch beim Wachstum steckt Deutschland im europäischen Tabellenkeller. businessinsider.de
Frankreich will schnelle EU-Erweiterung:
Die Europäische Union solle sich nicht länger zieren und Kandidatenländern eine klare Perspektive für den EU-Beitritt bieten. Das fordert die französische Europaministerin Laurence Boone von Kommission, Rat und Europaparlament. Der Staatenverbund könne damit verhindern, dass interessierte Länder auf Russland-Kurs geraten, sagte die promovierte Ökonomin. Der Kreml habe neben territorialen Ambitionen auch das Ziel, die EU zu schwächen. Derzeit stehen acht Mitgliedsanträge an – die der Ukraine und der Türkei sowie von sechs Balkanländern. politico.eu european-union.europa.eu (Kandidatenliste)

EU will Kriegswirtschaft kontrollieren:
Die EU-Kommission will bei der europäischen Rüstungsindustrie mehr Einfluss haben und tüftelt dazu hinter den Kulissen an einer Art Kriegswirtschaftsgesetz, verlautet in Brüssel. Ziel sei es, die gemeinsame Beschaffung von Militärgütern „bei Bedarf“ zu stärken. Vorbild sei die US-Gsetzgebung, die dem Präsidenten erlaubt, Bestellungen prioritär behandeln zu lassen. Beobachter sehen in dem Vorhaben einen großen Schritt bei der europäischen Integration im Verteidigungsbereich – wenn die EU-Mitgliedsstaaten mitziehen. euractiv.de
Meloni will China zähmen:
Als erste Regierung in Europa will die von Italien offiziell die Verkettungen mit China massiv lockern. Laut Medien plant die rechtsnationale Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, das weitgehende Kooperationsabkommen zu kündigen, das Italien zu enger Zusammenarbeit im Rahmen der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative) verpflichtet. Da Rom Verstimmung und Gegenmaßnahmen der kommunistischen Führung in Peking erwartet, soll das einschneidende Vorhaben breit im Parlament abgesegnet und China ein Ersatzhandelsabkommen schmackhaft gemacht werden. Eventuell reist Meloni persönlich in die Höhle des Löwen zu Präsident Xi. politico.eu

Wird Vestager Europas Chef-Bankerin?

Die mächtige EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margrete Vestager, hat sich selbst “entlassen”. “Ich nehme Urlaub, um mich auf meine Kandidatur für die Präsidentschaft der Europäischen Investmentbank (EIB) zu konzentrieren“, teilte die linksliberale Dänin auf ihrem privaten Instagram-Account mit. Sie ist bekannt und gefürchtet als taffe Reguliererin von Weltkonzernen wie Amazon, Microsoft, Google Gazprom oder Disney.
Der angestrebte Berufswechsel der 55jährigen vom Top-Job bei der EU-Kommission zur Bank der Europäischen Union war zwar erwartet worden, doch ist ihr einflussreiches Amt nun erstmal verwaist. Grund: Vermeidung von Interessengegensätzen. Bei der einflussreichen EIB will Vestager u.a. eine schnellere Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine anschieben, sagt sie.
Vestager will als EIB-Chefin die Nachfolgerin des Deutschen Werner Hoyer (FDP) werden. Sie kandidiert gegen die mitfavorisierte spanische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Ihre EU-Aufgaben übernimmt bis Klärung der EIB-Bewerbung weitgehend Justizkommissar Didier Reynders (Belgien), während Werte- und Transparenzkommissarin Věra Jourová (Slowakei) die Aufgaben für Digitales und als EU-Vizepräsidentin erledigt.
instagram.com (Vestager) twitter.com/dreynders (Reynders) twitter.com/VeraJourova (Jourova)
Wird Ex-Ölmanager EU-Klimakommissar?
Der Vorschlag des scheidenden niederländischen Regierungschefs Mark Rutte, seinen Außenminister Wopke Hoekstra zum neuen EU-Klimakommissar zu machen, hat in Brüssel erheblichen Staub aufgewirbelt. Der Christdemokrat und Ex-Ölmanager soll Nachfolger seines sozialdemokratischen Landsmanns Frans Timmermans werden, der bei den kommenden Wahlen als rotgrüner Ministerpräsidentenkandidat antritt.
Hoekstra gilt als politischer Hardliner und stößt bei Grünen und Umweltschützern als einstiger Shell-Mitarbeiter auf große Ablehnung. Über die Berufung des 47jährigen in die Kommission entscheidet nach Befragung das Europaparlament. t-online.de germany.representation.ec (Statement v. d. Leyen)

Neuer Korruptionsverdacht:
Schon wieder stehen sozialdemokratische Europaabgeordnete im Fadenkreuz der Justiz. Nach der Affäre um Vorteilsnahme zu Gunsten des Scheichtums Katar im Umfeld der griechischen EU-Politikerin Eva Kaili sind nun zwei Letten in Bestechungsvorwürfe verwickelt. Darunter ist Nils Ušakovs, Ex-Parteichef der Sozialdemokraten seines Landes und einst Bürgermeister der Hauptstadt Riga. Es geht es um Vorgänge im Heimatland, insbesondere Schwarzgeldprovisionen für staatliche Aufträge. Die Immunität der Politiker soll aufgehoben werden. euractiv.de
Wird Rechnungsprüferin EU-Forschungskommissarin?

Mit Applaus haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments Iliana Iwanowa aus einem Ausschuss verabschiedet, dem sie sich in einer dreistündigen Anhörung als Kandidatin für das Amt der EU-Innovationskommissarin gestellt hatte. Die konservative Betriebswirtin vom Europäischen Rechnungshof fordert unter anderem mehr Wissenschaftskooperation Europas mit gleichgesinnten Weltregionen, um von den USA und China unabhängiger zu werden.
Die 47jährige würde bei Bestätigung durch das Parlamentsplenum auch für Forschung, Kultur, Bildung und Jugend zuständig sein. Sie soll in der Kommission Nachfolgerin ihrer Landsfrau Mariya Gabriel werden, die als Vizepremier und Außenministerin nach Sofia gewechselt ist.
euractiv.de (Anhörung) europarl.europa.eu (Portfolio)
Foto: Christophe Licoppe, European Union, 2023

Baldiger EU-Beitritt der Ukraine?
Die EU-Erweiterung nach Osten könnte schneller kommen als erwartet. Doch das Bündnis müsste sich vorher reformieren, um handlungsfähig zu bleiben, kommentiert der Journalist Carsten Volkery:
“Die Aufnahme eines großen Agrarlandes wie der Ukraine erfordert eine komplette Neuordnung des EU-Haushalts und der Gemeinsamen Agrarpolitik – dieser Herausforderung werden sich die Europäer wohl schon weit vor 2030 stellen müssen.”
Handelsblatt

Fettkillerfirma ist Milliarden wert:
Der französische Luxusgüterkonzern LVMH ist nicht mehr das wertvollste Börsenunternehmen Europas. Neue Edelmarke ist der dänische Insulin-Weltmarktführer Novo Nordisk, der Medikamente gegen zu hohen Blutzucker herstellt.
An seiner Heimatbörse in Kopenhagen stieg die Marktkapitalisierung von Novo Nordisk auf umgerechnet gut 393 Milliarden Euro, während LVMH „nur“ noch 389,5 Milliarden Euro aufrufen kann. Hintergrund ist die kräftige Nachfrage nach Produkten gegen Diabetes und Fettleibigkeit. deraktionaer.de

EU benennt „Torwächter“:
Die Europäische Kommission hat wie angekündigt 22 Unternehmen der Digitalwirtschaft identifiziert, die besonders große Macht über die Verbraucher haben. Diese müssen jetzt innerhalb eines halben Jahres detailliert darlegen, wie sie mit dem neuen EU-Gesetz über digitale Märkte umgehen. Das soll ein sichereres, faireres und transparenteres Online-Umfeld schaffen. Wer nicht spurt muss Bußgelder zahlen. Zu den sogenannten „Torwächtern“ (Gatekeeper) gehören Konzerne wie Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft. mobiflip.de europarl.europa.eu (Gesetz)

Polen auf Prüfstand:
Rund einen Monat vor den Wahlen in Polen hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Wahlbeobachtungsmission entsandt. Aufgabe: Untersuchung von Kampagnenfinanzierung und Rolle der Medien. euractiv.de
EU umgarnt Afrika:
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auf dem Afrika-Klimagipfel in Nairobi eine Strategie für grünen Wasserstoff aus Kenia gestartet. Außerdem schlug sie dem gesamten Kontinent Afrika vor, bei der 28. UN-Klimakonferenz (COP28) ab 30. November in Dubai zusammenzuarbeiten. europa.eu
Schweden ante portas:
Schweden wird im Herbst endgültig der NATO beitreten. Das erwarten diplomatische Kreise in Brüssel. euractiv.de

Bierbrauen bleibt Bayern-Besitzstand:

Die zwei Top-Positionen der europäischen Bierstädte sind fest in bayrischer Hand. Laut der Einstufung eines Buchungsportals sind München und Nürnberg ganz vorne. Danach folgen Prag, Dublin und Brüssel. Prost, na zdraví, cheers und santé oder proost! t-online.de