Europa Rückblick 2025: Das ablaufende Jahr hat die geopolitischen Schwächen von Europa schonungslos offengelegt. 2025 verlor die EU sichtbar an Einfluss – in Nahost, im Ukraine-Konflikt und in Afrika. Gleichzeitig blockierten interne Streitigkeiten zentrale Zukunftsprojekte. So wirkte der Kontinent zerrissen, langsam und machtlos. -Dazu habe ich eine Analyse und Meinung.
Europa im Blickpunkt
Wiegand wills wissen
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Europa Rückblick 2025
Von Wolf Achim Wiegand (Fotos: z.T. KI)
Hamburg/Brüssel (waw) – Es war ein Jahr, das Europa erschüttert hat. Nicht durch einen einzelnen Moment, sondern durch die Summe vieler Ereignisse, die sich wie Mosaiksteine zu einem beunruhigenden Bild fügen. Ein Jahr, in dem die Europäische Union mehr reagierte als gestaltete. Ein Jahr, das uns vor Augen führte, wie brüchig der Anspruch europäischer Handlungsfähigkeit geworden ist.
Der Nahe Osten war 2025 das sichtbarste Beispiel. Während der Krieg in Gaza immer weiter eskalierte, blieb Europas Stimme nahezu bedeutungslos. Zwischen Washington, Jerusalem, Ramallah, Doha und Kairo spielte die EU keine Rolle – weder als Vermittlerin, noch als Machtfaktor. Die Union, die sich gerne als moralische Kraft versteht, war schlicht nicht gefragt. Die Realität: Im entscheidenden Konflikt des Jahres hatte Europa nichts zu sagen.
In diesem Zusammenhang bekräftigt der Europäische Rat … dauerhaften Frieden auf der Grundlage der Zweistaatenlösung … , bei der zwei demokratische Staaten, Israel und Palästina, Seite an Seite innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen in Frieden leben. – Damit hängen einzelne EU-Regierungen einer Fata Morgana nach, von der jeder halbwegs realistische Politikanalyst weiß, dass sie mit arabischen Terroristen undurchführbar ist.
Offenbar vernebelt der kurzsichtige Blick auf vermeintliche Wählerschaften die Sicht einiger Hauptstädte. Dort will man nicht erkennen, dass der rabiate Kampf um angebliche Rechte von Arabern längst von antiwestlichen zersetzungswilligen Islamisten dominiert wird. Nicht einmal, wenn Demonstranten offen für antiisraelische Gewalt plädieren, europäische Juden vor Anschlägen nicht mehr sicher sind und christliche Veranstaltungen vor Terror geschützt werden müssen.
Im Fluge die Einheit verspielt
Auch im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigte sich die Begrenztheit des europäischen Einflusses. Trotz Sanktionen, Waffenlieferungen und politischen Bekundungen gelang es nicht, den strategischen Kurs des Kreml zu beeinflussen. Russland blieb aggressiv, unberechenbar und unverändert entschlossen, die Ukraine dauerhaft zu schwächen. Europa hingegen wirkte müde – politisch, wirtschaftlich, militärisch. Und während Washington mit klaren Bedingungen agierte, trat die EU erneut als zersplittertes Gebilde auf.
Die Europäische Union ist nach wie vor bereit, den Druck auf Russland zu erhöhen. – Das versichert der Europäische Rat in seinem 17. Sanktionspaket – ob die Worte helfen ist fraglich.
Der Blick nach Afrika zeigt ähnlich ernüchternde Bilder. Während Russland und China ihren Einfluss dort konsequent ausbauen – mit Militärberatern, Handelsabkommen, Infrastrukturprojekten –, ringt Europa verkrampft darum, überhaupt im Gespräch zu bleiben. Die EU verliert kontinuierlich geopolitischen Boden, weil sie zu langsam, zu vorsichtig, zu unentschlossen handelt. Die Folge: ehemalige Partner wenden sich neuen Akteuren zu, die weniger fragen und schneller liefern.

Diese Zerrissenheit zeigt sich auch im Inneren, und zwar dort, wo Europa eigentlich Stärke zeigen wollte: beim Zukunftsprojekt New Generation Fighter. Der NGF (Foto unten: @EUMET) sollte ein Symbol europäischer Souveränität werden – doch 2025 steht er sinnbildlich für das Gegenteil. Frankreich, Deutschland und Spanien streiten seit Jahren über Kompetenzen, Industrieanteile und Technologiehoheit. Ausgerechnet das wichtigste militärische Vorhaben Europas droht am nationalen Egoismus zu scheitern. Ein Lehrstück darüber, warum Europas Verteidigungsfähigkeit so schwerfällig bleibt.
Angriffe aus der Dunkelzone
Nicht nur in der Sicherheitspolitik, auch wirtschaftlich zeigt sich Lähmung. Die EU-Kommission scheiterte erneut daran, einen Zolldeal mit den USA auszuhandeln – ein Abkommen, das für europäische Unternehmen angesichts globaler Handelskonflikte existenziell wäre. Gleichzeitig ziehen sich die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Mercosur, Indien, Malaysia, den Philippinen und Thailand unendlich in die Länge. Während andere Mächte pragmatisch und schnell handeln, verliert Europa an Tempo, Glaubwürdigkeit und Attraktivität.
Und dann ist da noch der Bereich, in dem Europa besonders verwundbar wirkt: die hybride Kriegführung. Russland attackiert mit Drohnen, Cyberangriffen und einer global operierenden Schattenflotte. Europa sieht zu. Schützt, reagiert, warnt – doch verhindert kaum etwas. Die EU-Staaten arbeiten an eigenen Cyber-Units, aber ohne gemeinsame Strategie bleibt das alles Stückwerk. Die Gegner nutzen diese Schwächen mit geradezu beunruhigender Präzision aus.
Russlands destabilisierende hybride Kampagnen beschränken sich nicht nur auf den Cyberbereich, sondern umfassen auch Sabotageakte, Beschädigung kritischer Infrastruktur, physische Angriffe, Informationsmanipulation und Einflussnahme sowie andere verdeckte Maßnahmen oder Zwangsmaßnahmen. - Rat der Europäischen Union, Erklärungen und Bemerkungen, 18. Juli 2025
Stärke geht nur gemeinsam
2025 war deshalb vor allem eines: ein Jahr der europäischen Schwäche. Ein Jahr, in dem Europa die Welt nicht prägte, sondern von ihr geprägt wurde. Ein Jahr, das uns vor Augen führte, wie schnell Einfluss zerfällt, wenn Entschlossenheit fehlt.

Doch gerade darin liegt die wichtigste Erkenntnis dieses Rückblicks: Europa kann sich diese Schwächen eigentlich nicht leisten! Nicht jetzt, nicht in einer Welt, die autoritärer, aggressiver und instabiler wird… siehe Ukraine! (Link zum X‑Post links)
Wenn Europa bestehen will – politisch, wirtschaftlich, militärisch und moralisch –, dann bleibt nur ein Weg: Einheit. Nicht als Schlagwort, sondern als gelebte Praxis. Nur wenn die EU-Staaten zusammenstehen, ihre Interessen abstimmen und ihre Kräfte bündeln, kann das Projekt Europa jene Werte sichern, die Generationen aufgebaut haben: Demokratie, Freiheit und Wohlstand.
2026 wird ein neues Jahr. Ob es auch ein besseres für Europa wird, hängt allein von Europas Mut zu gemeinsamer Stärke ab.
Europa Rückblick 2025
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