Europa: Themen der Woche
(Europäische Union) — Was hat die Macher in der EU und die Beobachter in Europa vergangene Woche angefixt und umgetrieben? Was tut sich vor der Europawahl 2024?
- Was, wenn der Unterdrückungsapparat Putins mit Software aus der EU funktionierte? Siehe unten.
- Europäische Kinder im Fokus des Cybermob — eine schlimme Realität. Scrolle runter.
- Haschisch gehört in Europa zum Alltag. Details siehe unten.
Das alles und noch viel mehr: von WOLF ACHIM WIEGAND
Hilft EU-Firma Putin beim Unterdrücken?
Eine Softwarefirma aus Europa soll dabei geholfen haben, das Massenüberwachungssystem in Russland aufzubauen – auch nach Inkrafttreten der Sanktionen wegen des Überfalls auf die Ukraine. Das will eine internationale Recherche der österreichischen Zeitung Standard und angeschlossener Investigativbüros herausgefunden haben.
Das in den Niederlanden registrierte Unternehmen soll den Angaben zufolge ermöglichen, Protestierende mithilfe von Kameras und Gesichtserkennung zu identifizieren. Solche Mittel setze das Regime von Präsident Wladimir Putin in Moskau ein. Die mit über 227.000 Kontrollkameras gepflasterte Metropole sei eine der am besten überwachten Städte der Welt. Ein daraus abgeleitetes nationales System sei im Aufbau. derstandard.de
Terrorwarnung:
Islamisten sind nach Ansicht des Terrorismusexperten Peter Neumann „die größte, aktuelle terroristische Bedrohung“ für Europa. Seit Beginn des israelischen Anti-Terror-Krieges in Gaza habe es auf dem Kontinent bereits acht versuchte Anschläge aus diesen Kreisen gegeben. Experten erwarten mögliche Probleme angesichts der Europawahl 2024 und der Olympischen Sommerspiele in Paris.
Die für das Massaker bei Moskau mit fast 140 Toten verantwortliche Gruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) sei „eine recht professionelle Gruppe“, die Netzwerke knüpfen könne. Der aus Bayern stammende Neumann ist Gründer des Instituts für Extremistenforschung ICSR in London. rnd.de/politik
EU in Sorge – Nicht nur Russland auf Terrorliste:
Insider sind nicht überrascht, dass der IS-Ableger „Islamischer Staat – Provinz Khorasan“ (ISPK) bei Moskau rund 140 Menschen erschossen hat. US-Terrorexperte Colin Clarke sagt, die in Zentral- und Mittelasien wurzelnde Gruppe sehe in Russland einen ihrer Hauptgegner. Hintergrund sei die sowjetische Invasion 1997 in Afghanistan und das Vorgehen von Präsident Wladimir Putin gegen muslimische Rebellen in Tschetschenien.
Andere Fachleute ergänzen, ISPK sei „willens und in der Lage“, auch Ziele in Westeuropa anzugreifen. Aus deren Sicht seien alle „Ungläubigen“ Muslimfeinde, die vernichtet werden müssten. In Deutschland und Österreich sind vor Kurzem mehrere mutmaßliche ISPK-Mitglieder festgenommen worden. twitter.com/ColinPClarke stuttgarter-zeitung.de consilium.europa.eu (Was tut Europa?)
United Trumpdom:
Das nach dem Brexit von Europa isolierte United Kingdom verwandelt sich in Teilen immer mehr in eine Insel à la Trump. Das meinen Kritiker der allein regierenden konservativen Partei von Premierminister Rishi Sunak. Sie stört, dass seine Tories angesichts einer so gut wie sicheren Wahlniederlage eine massive Angstkampagne gestartet haben, wie es sie noch gegeben hat.
So wird Politikern der Labour Party unterstellt, Kriminalität und Chaos zu fördern. Speziell im Fokus steht der linke muslimische Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, der in wenigen Wochen die dritte Amtszeit anstrebt. Selbst einigen Konservativen geht der Vorwurf zu weit, Islamisten hätten “die Kontrolle” über Khan erlangt. politico.eu/article/britain-conservaties
Netz des Hasses:
Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leidet jedes sechste europäische Kind an Cybermobbing. Das ist eine deutliche Zunahme seit der letzten Erhebung 2018. Auch die Zahl derjenigen, die sich an Hassaktionen im Internet beteiligen, ist gestiegen. Die Folgen sind Kopf- und Bauchschmerzen bis hin zu Angstzuständen und Depressionen.
“Dieser Bericht ist ein Alarmsignal, das uns nötigt, gegen Gewalt vorzugehen, wann und wo sie entsteht.”
Sorgen von Hans Kluge, dem WHO-Regionaldirektor für Europa
Um das Beschimpfen, Beleidigen oder Bloßstellen via Onlinedienste einzudämmen, schlägt die WHO gezielte Präventionsangebote für Lehrkräfte, Eltern und Gemeinden vor. SocialMedia-Dienste sollten besser reguliert werden. br.de/nachrichten
Transsylvanien: Größter NATO-Stützpunkt im Bau
In Rumänien entsteht der flächenmäßig größte Nato-Stützpunkt Europas. Der Bau von Zufahrtsstraßen und infrastrukturellen Voraussetzungen in der 2.000-Einwohner-Gemeinde Cincu (deutsch Groß-Schenk) bei Brașov in Siebenbürgen (Transsylvanien) hat bereits begonnen. Geplant ist eine neue Stadt auf 2.800 Hektar für 10 000 Soldaten und ihre Familien.
Die Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro trägt Rumänien. Anlass für den Bau sind die russischen Expansionsbestrebungen in der Region Schwarzes Meer. Die besetzte ukrainische Halbinsel Krim ist nur 230 Kilometer entfernt. nzz.ch/international
„Gehen Sie wählen. Lassen Sie nicht zu, dass jemand anderes für Sie entscheidet“
EP-Präsidentin Roberta Metsola zur Europawahl 2024
EU-Ermittlung gegen HighTech-Elite:
Die US-Großkonzerne Apple, Alphabet (Google) und Meta verstoßen gegen das neue Digitale-Märkte-Gesetz der EU. Davon ist die Europäische Kommission überzeugt.
Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager und Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton haben deshalb Ermittlungen eingeleitet, an deren Ende Milliardenstrafen stehen könnten. Die HighTech-Giganten sollen unter anderem unerlaubte Maßnahmen zur Behinderung von Mitbewerbern anwenden. computerbase.de
Notenbankchefs warnen:
Die Hüter der zwei wichtigsten staatlichen EU-Geldhäuser sind kurz vor der Europawahl 2024 besorgt über den Zustand Europas. In einem gemeinsamen Interview sagten Joachim Nagel (Deutsche Bundesbank) und François Villeroy de Galhau (Banque de France), Europa brauche „eine starke Antwort“ auf „eine fragmentierte Welt“, die neuerdings durch weniger Wachstum, mehr Protektionismus und mehr unterschiedliche Währungsplayer aufweise.
Zum Entgegenwirken seien eine Kapitalmarkt- und eine Bankenunion denkbar. Außerdem unterstrichen die Chefbanker aus Frankfurt am Main und Paris, dass Europa ohne Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs nicht funktionsfähig sei. zdf.de/nachrichten
„Es geht einfach darum, deutlich einladender auf die zu wirken, die bei uns gerne ein Geschäft machen möchten“
Bundesbankpräsident Joachim Nagel bringt sein Ziel auf den Punkt
Liberaler will Europarats-Chef werden:
EU-Justizkommissar Didier Reynders will Präsident des Europarats werden. Das verlautet in Brüssel. Der Europarat mit Sitz in Strasburg hat 46 Mitgliedsländer und umfasst auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Seine Aufgabe ist der Schutz und die Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Er ist nicht Teil der EU-Institutionen der Europäischen Union.
Reynders ist Belgier und gehört den Liberalen an. Er konkurriert mit dem Schweizer Ex-Präsidenten Alain Berset und dem ehemaligen estnischen Kulturminister Indrek Saar. Das Trio muss ein Auswahlverfahren durchlaufen, bei dem Reynders sich vom Posten als oberster EU-Justizbeamter beurlauben lassen muss. Er fällt somit auf diesem Posten ungefähr bis zur Europawahl 2024 aus. Das letzte Wort hat das 306-köpfige Parlament des Europarates. politico.eu coe.int/de
0,1 Prozent
Führende Forschungsinstitute rechnen in diesem Jahr nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent. spiegel.de/wirtschaft
Haschu Haschisch…:
Wenige Tage vor der Legalisierung von Cannabis in Deutschland listet ein Statistikportal auf, wie stark der Haschisch- und Marihuanakonsum in Europa verbreitet ist. Danach konsumieren mehr als 22 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren in der EU den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). Etwa 3,7 Millionen tun das sogar nahezu täglich.
Damit ist Cannabis die mit Abstand am häufigsten konsumierte illegale oder halblegalen Droge. Die Franzosen sind am „haschfreudigsten“. Deutschland liegt im oberen Drittel des Europa-Vergleichs. https://de.statista.com/infografik/31979/lebenszeitpraevalenz-von-cannabiskonsum-in-europaeischen-laendern/
Lies meinen Hintergrundbericht: “Haschu Haschisch ini Tasche — Die Cannabis-Legalisierung dauerte über 50 Jahre” freigeschaltet ab Sonntag, 30. April 2024 ab 13.40 Uhr