Europa Vertei­digung FCAS: Es ist zum Verzweifeln. Das vielleicht wichtigste europäische Rüstungs- und Zukunfts­projekt könnte bald beerdigt werden. – Dazu habe ich eine Meinung.

Europa im Blickpunkt
Wiegand wills wissen

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Europa Vertei­digung FCAS

Von Wolf Achim Wiegand (Foto: KI)

Moin, liebe Mitmenschen in Europa,

Es hätte so schön sein können! Zum Jahres­wechsel verkündet Europa einträchtig den gemein­samen Bau des modernsten Kampfjets der Welt. Doch obwohl wir an einem sicher­heits­po­li­ti­schen Kipppunkt stehen, droht ausge­rechnet jetzt eines der zentralen Rüstungs- und Zukunfts­pro­jekte des Konti­nents zu scheitern. Und zwar genau an dem, was die Europäische Union seit Jahrzehnten lähmt: nationale Befind­lich­keiten, indus­trie­po­li­ti­sches Klein­klein und politische Mutlosigkeit. 


Es geht um das deutsch-franzö­sisch-spanische Luftkampf­system FCAS. Dieses sollte ein Symbol europäi­scher Souve­rä­nität werden: Ein Militär­flieger gekoppelt und synchro­ni­siert an eine Drohnen-Armada mit inter­na­tional einzig­ar­tigen Fähig­keiten. Statt­dessen ist das Projekt der Konzerne Airbus, Dassault und Indra zum Menetekel geworden – für ein Europa, das den Ernst der Lage zwar rheto­risch beschwört, praktisch aber weiter zaudert.

Seit Jahren wird es verschoben, zerredet, blockiert – das “Future Combat Air System” FCAS, oder wie die Franzosen sagen, Système de combat aérien du futur (SCAF). Es gibt Streit um Führungs­rollen, geistiges Eigentum, indus­trielle Zustän­dig­keiten und nationale Presti­geinter­essen. Franzö­sische Konzern­chefs attackieren deutsche Partner. Deutsche Politiker verweisen auf Haushalts­zwänge. Spanien versucht, zwischen den Fronten mitzuspielen.

Eigensucht vor Gemeinwohl

Schon ist davon die Rede, Deutschland wolle sich abspalten und dem Global Combat Air Programme (GCAP) von Italien, Großbri­tannien und Japan anschließen. Es gibt auch Speku­la­tionen, dass Kanada an einer Teilnahme inter­es­siert sein könnte.

Während­dessen bestellen einzelne Staaten weiter nationale Übergangs­lö­sungen – Eurofighter hier, F‑35 dort – und unter­graben damit die eigene europäische Erzählung. Das Ergebnis ist absehbar: Kosten explo­dieren, Zeitpläne zerfallen, Vertrauen schwindet. So baut man keine gemeinsame Vertei­di­gungs­fä­higkeit, so verspielt man sie.

Diese Entwicklung ist nicht nur ärgerlich, sie ist gefährlich. Europa befindet sich in einer Weltlage, in der militä­rische Abschre­ckung wieder harte Realität ist. Russlands Angriffs­krieg gegen die Ukraine, die zuneh­mende Unsicherheit über die langfristige Verläss­lichkeit der USA unter Präsident Donald Trump, die globale Aufrüstung autori­tärer Mächte – all das verlangt nach Handlungsfähigkeit.

Es geht jetzt nicht um 27 nationale Sicher­heits­stra­tegien, sondern nach einer gemein­samen. Gefragt sind keine wohlklin­genden Koope­ra­ti­ons­pro­jekte auf dem Papier, sondern echte europäische Fähig­keiten. Wer in dieser Situation ein Projekt wie FCAS an natio­nalen Egoismen scheitern lässt, handelt sicher­heits­po­li­tisch fahrlässig. Das richtet sich an Friedrich Merz (Berlin), Emmanuel Macron (Paris) und Pedro Sánchez (Madrid).

Mehr Zentralismus!

Das Grund­problem liegt tief: Die EU will geopo­li­ti­scher Akteur sein, doch verweigern sich einzelne Regie­rungen und Parla­mente den Konse­quenzen. Vertei­digung bleibt nationale Domäne, Entschei­dungs­struk­turen sind fragmen­tiert, Verant­wort­lich­keiten verwässert. Solange jedes Land seine Rüstungs­in­dustrie schützt wie einen natio­nalen Schatz, wird Europa niemals strate­gisch autonom.

Der Ruf nach mehr Zentra­lismus zumindest in Vertei­di­gungs­fragen mag politisch unpopulär sein. Doch genau er wäre die logische Antwort. Eine straff zentral gesteuerte europäische Rüstungs­planung, verbind­liche Mehrheits­ent­schei­dungen in Sicher­heits­fragen – und ja: der Aufbau einer echten EU-Armee unter gemein­samer Führung – das wär’s doch mal.

Eine europäische Armee – so kompli­ziert sie auch aufzu­bauen ist – wäre kein Selbst­zweck und kein Angriff auf nationale Souve­rä­nität. Nein, sie wäre die einzige realis­tische Absicherung in einer multi­po­laren Welt. Kein einzelner EU-Staat, auch nicht Deutschland oder Frank­reich, kann auf Dauer allein bestehen. Wer das Gegenteil behauptet, verwechselt Nostalgie mit Strategie.

FCAS hätte ein erster Schritt hin zu einer EU-Streit­macht sein können – techno­lo­gisch, politisch, symbo­lisch. Dass es nun droht, zum Opfer natio­naler Eitel­keiten zu werden, ist ein Offen­ba­rungseid. Europa kann sich dieses Scheitern aber nicht leisten. Nicht finan­ziell, nicht militä­risch, nicht politisch.

Europa Vertei­digung FCAS

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