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⇒ Inhalt dieses Blogs: War­nung nach Anschlagsver­such in Venezuela — Han­del­sübliche Drohnen kön­nen Ter­ror­in­stru­mente wer­den

Horrorszenario: Spielzeugdrohnen als fliegende Terrorgeräte

Von Wolf Achim Wie­gand

Hamburg/Carácas (waw) - Nicolás Maduro hat­te ger­ade den Satz aus­ge­sprochen “Die Zeit der wirtschaftlichen Gesun­dung ist gekom­men…”, da gab es über seinem Kopf ein lautes Päng! Bevor der Red­ner selb­st so ganz begrif­f­en hat­te, was da passierte, war­fen Leib­wächter bere­itliegende schuss­sichere Blei­deck­en um den Staatschef von Venezuela (Foto rechts).

Dann ging alles blitzschnell: die zum Jahrestag der Nation­al­gar­den­grün­dung vor der Tribüne aufgerei­ht­en Sol­dat­en sto­ben undiszi­plin­iert auseinan­der, Maduro wurde unversehrt ins Sichere gez­er­rt…

Der Anschlag auf den autoritär regieren­den Präsi­den­ten des am Boden taumel­nden Lan­des ver­fehlte zwar sein Ziel. Den­noch war der Mord­ver­such auf den Linkssozial­is­ten, der einen beispiel­losen Nieder­gang ver­ant­wortet, ein Alar­mze­ichen für inter­na­tionale Sicher­heit­sex­perten. Denn die Atten­täter hat­ten eine Waffe einge­set­zt, die wenig kostet und leicht einzuset­zen ist: eine jen­er fer­nges­teuerten Drohnen, die für jed­er­mann im Han­del erhältlich sind – bestückt mit Sprengstoff.

Islamisten töten schon mit Drohnen

In der Fach­welt wird seit Län­gerem mit solchen Ter­ro­ran­grif­f­en gerech­net. Killer des soge­nan­nten “Islamis­chen Staates” (IS) set­zten solar­be­triebene Geräte für ambi­tion­ierte Filmemach­er und Fotografen schon früh ein, um gruselige Tat­en von Selb­st­mor­dat­ten­tätern zu doku­men­tieren und ins Netz zu stellen. Inzwis­chen nutzen Dschi­hadis­ten solche Quad­copter zum geziel­ten Ein­satz von Granat­en oder Bomben (hier Video). Das Fach­por­tal Open Brief­ing berichtete 2016 über IS-Ver­suche, Sprengstoff­drohnen gegen Kur­den­milizen in Anwen­dung zu brin­gen.

Die tech­nis­che Her­aus­forderung, ein Staat­sober­haupt bei öffentlichen Ereignis­sen gegen eine kleine sprengstoff­be­ladene Drohne zu schützen, ist größer, als so eine Drohne zu bauen,” zitiert das US-Tech­nolo­giemagazin Wired den Sicher­heit­sex­perten Todd Humphreys von der Uni­ver­si­ty of Texas in Austin.

Experten wie Humphreys war­nen vor der Möglichkeit, dass bombenbestück­te Drohnen gegen vielbe­suchte weiche Ziele einge­set­zt wer­den: Fes­ti­vals, Sportevents, Bahn­höfe. Das Heimatschutzmin­is­teri­um der USA sieht in einem Gutacht­en für den Kongress “eine sehr ern­ste, aufk­om­mende Bedro­hung, für deren Abwehr wir derzeit völ­lig unvor­bere­it­et sind”.

Der Drohnen­typ, den die vene­zolanis­che Täter­gruppe “Sol­da­dos de Franelas” (Unter­hemd­sol­dat­en) laut ein­er von ihr retweet­eten Kurzmit­teilung ver­wen­det hat, soll die frei erhältliche Profi-Flug­plat­tform “DJI M600″ gewe­sen sein (siehe oben). Sie kommt in der pro­fes­sionellen Luft­bild­fo­tografie und in der Indus­trie zur Anwen­dung. Nut­zlast: bis zu sechs Kilo­gramm.

Selbst einfache Kleindrohnen sind gefährlich

Schon mit nur einem Kilo­gramm Sprengstoff beladen kann die DJI M600 einen Explo­sion­ss­chaden von 50 Metern Radius anricht­en, berichtet Wired. Mit dem einge­baut­en GPS-Sys­tem steuert die Drohne vorgegebene Ziele an.

Rüstet man DJI M600 auf, kann das max­i­mal 6.000 Euro teure Gerät aus fünf Kilo­me­tern Ent­fer­nung ges­teuert wer­den. Das ist eine völ­lig sichere Ent­fer­nung für einen Anschlag: der Atten­täter sieht durch die ange­brachte Kam­er­alinse, wenn das Ziel erre­icht ist und zün­det unerkan­nt, bevor er in Ruhe ver­schwindet.

Für ein Blut­bad genü­gen schon ein­fachere Drohnen. So gibt es für deut­lich unter 1.000 Euro Mod­elle am Markt, die aus fast zwei Kilo­me­tern fer­nges­teuert wer­den und bis zu zwanzig Minuten fliegen kön­nen.

“Der Zugang zu Drohnen ist so niedrig gewor­den, das buch­stäblich jed­er Men­sch mit genü­gend Geld und dem tech­nis­chen Ver­ständ­nis eines Zwölfjähri­gen so einen Ver­such wie in Venezuela zuwege bringt,” sagt Sicher­heit­s­an­a­lytik­er Col­in Clarke laut New York Times.

Schlim­mer noch: “Es ist klar, dass immer leis­tungs­fähigere und kaum zu stop­pende Drohnen eine Schlüs­sel­waffe für kom­mende Rev­o­lu­tionäre wer­den,” so Clarke. Dann näm­lich, wenn die HD-Bildüber­tra­gung mit Gesicht­serken­nung gekop­pelt wird.

In einem You-Tube-Video zeigen besorgte Wis­senschaftler vom unab­hängi­gen Future of Life Insti­tute (Boston, USA) ein denkbares Szenario (http://ogy.de/kkk6): “Slaugh­ter­bots”, also Killer-Drohnen, for­men sich mit kün­stlich­er Intel­li­genz zum gle­ichgerichtet fliegen­den Schwarm. Anschließend töten sie in ein­er Men­schen­menge gezielt diejeni­gen

Per­so­n­en, deren bio­metrische Dat­en vor­ab gespe­ichert wor­den sind: Haartö­nung, Augen­farbe, Gesichts­form, usw. Neben­bei bemerkt: das aufwändig in Szene geset­zte Hor­roszenario ent­stand mit finanzieller Hil­fe des US-Tech­nikmil­liardärs Elon Musk.

Um die Hirn­schale eines Men­schen zu durch­drin­gen genü­gen laut Experten drei Gramm hochex­plo­siv­en Sprengstoffes, ange­bracht auf ein­er autonom fliegen­den Drohne von der Größe ein­er hal­ben Hand­fläche. Ein “beque­mer” Weg, um beispiel­sweise poli­tisch missliebige Per­so­n­en in ein­er Menge gezielt zu liq­ui­dieren. Klar, dass sich für diese ethisch extrem frag­würdi­ge Bewaffnung die Rüs­tung­sh­er­steller und Geheim­di­en­ste dieser Welt inter­essieren.

Das Vorkomm­nis von Venezuela befeuert die inter­na­tionale Debat­te über ein möglich­es Ver­bot autonomer Waf­fen. Gespräche darüber kom­men bei der Abrüs­tungskon­ferenz der Vere­in­ten Natio­nen in Genf seit 2014 nicht voran. Zulet­zt stritt man sich noch über Def­i­n­i­tions­fra­gen: ein deutsch-franzö­sis­ches Posi­tion­spa­pi­er schlug vor, die “kün­stliche Intel­li­genz” autonomer Waf­fen­sys­teme als “com­pu­ta­tion­al meth­ods” (rech­n­ergestützte Ver­fahren) zu beze­ich­nen.

Die Gespräche hier dro­hen, den Fokus zu ver­lieren”, zitierten Beobachter den kri­tis­chen Poli­tolo­gen Frank Sauer (Uni­ver­sität der Bun­deswehr München).

Während Diplo­matie und Poli­tik noch feilschen, wird in den Rüs­tungsla­boren der Welt tat­säch­lich an Kampfro­bot­ern gear­beit­et. Süd­ko­rea behauptet, an der Gren­ze zu Nord­ko­rea den “ersten vol­lau­toma­tis­chen Kampfro­bot­er der Welt” sta­tion­iert zu haben, Her­steller: Sam­sung. Israel betreibt das vol­lau­toma­tis­che Überwachungs­fahrzeug “Guardi­um”, das gezielt schießen kann.

Drohnengewimmel an Flughäfen

Der Weg von der noch eher kru­den selb­st­ge­baut­en autonomen Ter­ror­is­ten­waffe zum Ein­satz kün­stlich­er Intel­li­genz in Armeen ist nicht mehr so weit. Ob wir das wollen, wie wir uns schützen kön­nen und welche ethis­chen Kon­se­quen­zen wir ziehen, das ist noch nicht gek­lärt. Es wird Zeit unseren Kurs auch in Europa abzusteck­en, bevor die ver­meintliche Sci­ence-Fic­tion zur Wirk­lichkeit wird.

Let­zte Mel­dung: In diesem Jahr sind bere­its mehr Drohnen an deutschen Flughäfen gesichtet wor­den als in den bei­den Vor­jahren zusam­men. Die meis­ten sind wohl mit harm­losen Kam­eras neugieriger Flugzeug­fans bestückt. Doch die Hemm­schwelle, die in Radars bis­lang unsicht­baren Flug­geräte für krim­inelle Zwecke einzuset­zen, kön­nte rasch sinken.

Die bewaffneten Wider­ständler in Venezuela dro­hen jeden­falls mit neuen Drohnen-Atten­tat­en. In einem 15-Sekun­den-Twit­terspot (links) lassen Sie ein Flug­gerät wie das in Caracás ver­wen­dete auf­steigen und explodieren — dann erscheint der Schriftzug “Venezuela Libre — die Oper­a­tion Phönix geht weit­er”…

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