Europa: Themen der Woche
(Europäische Union) — Was hat die Macher und Beobachter Europas vergangene Woche an- und umgetrieben?
- Nicht öffentlich, aber insgeheim, ist der bevorstehende EU-Militäreinsatz im Roten Meer der Elefant im Raum — wird dort ein Krieg entstehen? Mehr siehe unten. Schau auch meine aktuelle Analyse zum Konflikt.
- Queen Uschi dauerlächelt sich in eine zweite Amtszeit, glauben viele in Brüssel. Scrolle runter.
- Bürgermeister Klitschko ist traurig über die Ex-Wahlheimat Deutschland. Warum? Siehe ganz unten.
Das alles und noch viel mehr: von WOLF ACHIM WIEGAND
Hallo Leser, das ist mein Gedanke: Behält Queen Uschi die Krone?
Sie hat sich schon eine ganze Menge geleistet. Insbesondere Eigenmächtigkeiten. Denn nur, was sie selbst in die Hand nimmt, findet ihre Billigung. Dabei ist sie “nur” die oberste Behördenchefin Europas. Kein Staatsoberhaupt. Keine Regierungschefin.
Ursula von der Leyen wird von Manchen “Queen” genannt. Weil sie sich aufführt wie eine absolute Monarchin. Etliche der 26 Kommissare, die ja alle ein gleichberechtigtes Kollegium bilden, sind davon genervt. Manche sind lieber gegangen, als das penible Kontrolettitum der Strebsamen weiter auszuhalten. Sie wehrt das ab — durch sphinxhaftes Dauerlächeln.
Und doch wird die deutsche Christdemokratin nach der Europawahl am 9. Juni wohl erneut die Krone aufgesetzt bekommen. Niemand wird verhindern können, dass sie erneut als EU-Kommissionspräsidentin ins Amt kommt. Denn eine Person, die sie herausfordern könnte, ist nicht in Sicht.
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Empörung über von der Leyen:
Viele Sympathien hat sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Woche im EU-Parlament verscherzt, weil sie vorzeitig die Debatte über eine Zehn-Milliarden-Euro-Auszahlung eingefrorener Gelder an den renitenten ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán verlassen hat. Die niederländische Abgeordnete Sophie in ‘t Veld von der liberalen Renew-Fraktion warf der obersten Behördenchefin daraufhin „absolute Missachtung des Parlaments und ihrer vertraglichen Pflichten” vor.
Zuvor hatten Redner diverser Fraktionen die deutsche Christdemokratin beschuldigt, mit dem Geld vor „Erpressung“ kapituliert zu haben, um Orbáns Veto gegen Ukraine-Hilfen aufzuweichen. Von der Leyen drohen inzwischen eine fraktionsübergreifende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und ein Misstrauensvotum. politico.eu (Ärger) rnd.de (Klage)
„Wenn sie mit Kritik konfrontiert wird, zeigt von der Leyen eine fast schon Trump’sche Fähigkeit, die Sache tapfer durchzustehen — sie bleibt standhaft und lächelt die Widrigkeiten durch, bis ihre Kritiker von ihr ablassen.“
Das Nachrichtenportal Politico über die „Von-der-Leyen-Methode“
Ukraine-Drohnen erreichen Putins Heimatstadt
Drohnen aus der Ukraine sind 800 Kilometer unbeschadet über russisches Terrotorium geflogen, um ein Ziel in der nördlichen Großstadt St. Petersburg anzugreifen. Das berichten Medien. Das Geschoss sei auf dem Gelände des größten russischen Öl-Umschlagplatz eingeschlagen. Beim Anflug sei eine Residenz des Präsidenten Wladimir Putin überflogen worden, der hier geboren wurde und Politkarriere machte.
Russland reagiert zaghaft. Nach einem „Drohnenvorfall” habe es keine Verluste gegeben, sagte die Regionalregierung. Zuletzt hatte die Ukraine vor allem die russische Grenzregion Belgorod ins Visier genommen. www.ksta.de sueddeutsche.de
Warnung vor Terror:
Die islamistische Terrororganisation Hamas plane Anschläge in Europa und habe sich dafür Drohnen besorgt sowie Kriminelle als Täter angeheuert. Das habe der israelische Geheimdienst herausgefunden, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der israelischen Sicherheitskräfte. Konkret seien Informationen über einen geplanten Anschlag auf die israelische Botschaft in Schweden eingegangen. Außerdem sei terroristische Infrastruktur in Dänemark, den Niederlanden und Deutschland entdeckt worden. mena-watch.com
NATO-Wucht gegen Putin:
Rund 90.000 NATO-Soldaten (!) werden ab Ende Februar am größten Manöver des westlichen Verteidigungsbündnisses seit Ende des Kalten Krieges teilnehmen. Die Übung „Steadfast Defender 2024“ (etwa: Standhafter Verteidiger) richtet sich deutlich an Russland. Sie soll Präsident Wladimir Putin davon abhalten, einen Überfall auf Nato-Gebiet zu planen.
Geübt werden soll insbesondere die Alarmierung und Verlegung von nationalen und multinationalen Landstreitkräften. Trainingsschwerpunkte sind Polen und das Baltikum mit Deutschland als Drehscheibe für die Aufmärsche. Dazu wird die NATO 50 Kriegsschiffe, Hunderte Kampfjets, Hubschrauber und Drohnen sowie drei Flugzeugträger-Gruppen zusammenziehen. Allein 12.000 Soldaten stellt die Bundeswehr.
Die bislang größte Nato-Übung seit dem Ende des Kalten Krieges war 2018 mit Schwerpunkt in Norwegen organisiert worden. An ihr waren rund 51.000 Soldaten beteiligt. t‑online.de
EU ohne USA ins Rote Meer:
Die Vorbereitungen für eine bewaffnete EU-Marineoperation zum Schutz der internationalen Schifffahrt im Roten Meer sind fortgeschrittener als öffentlich bekannt. Laut Insidern liegt in Brüsseler Schubladen und in den 27 EU-Hauptstädten bereits ein Krisenmanagementkonzept vor. Es soll Frachter absichern und rein defensiv handeln.
Dem Plan zufolge will Europa im Roten Meer eigenständig handeln, also nicht unter Führung der NATO oder der USA. Außerdem soll über die enge Region hinaus agiert werden. Die Kosten würden über die Europäische Friedensfazilität abgewickelt. Beginn: Ende Februar. Frankreich hat bereits die Fregatte „Languedoc“ vor Ort geschickt. esut.de
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Autoaffines Europa:
Das Interesse an Autos hat in der Europäischen Union nicht nachgelassen. Das zeigt die Jahresbilanz 2023. Danach haben die Pkw-Neuzulassungen im vergangenen Jahr kräftig zugelegt. Dabei zeigt der Beliebtheitstrend auf elektrifizierte und rein elektrische Modelle, während Diesel auf dem Rückzug ist. Die meisten Kfz sind allerdings Benziner. Marktführer ist VW. auto-motor-und-sport.de
Explosion der Frachtraten:
Seetransporte zwischen Europa und Asien werden derzeit „exponentiell“ immer teurer. Nach Branchenangaben ist das der verlängerten Route rund um Afrika wegen der kriegerischen Situation am Roten Meer geschuldet. Besonders kostspielig ist derzeit die Strecke zwischen Shanghai und den EU-Häfen Rotterdam und Genua, wo der Wert eines 40-Fuß-Containers um bis zu 115 % gestiegen ist. fruchtportal.de
Sorgen um EU:
Schlechte Noten bekommt Europa in einem McKinsey-Report zur Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu China und den USA. Nach Datenauswertung von 1.000 europäischen Unternehmen kommen die Analysten unter anderem zum Schluss, das Pro-Kopf-Einkommen in der EU liege um 27% unter dem der USA. Europas Führungspersonen müssten schleunigst „eine mutige, integrierte Agenda“ für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum aufstellen. Das betreffe sieben Bereiche: Innovation, Energie, Lieferketten, Kapital, Talent, Größe sowie Wettbewerb und Märkte. mckinsey.de
Intelligenzloses Europa:
Beim Jahrhundertthema Künstliche Intelligenz (KI) backt Europa nur ganz kleine Brötchen. Das schildern Beobachter vom Weltwirtschaftsforum in Davos. Umso präsenter seien die USA, wo selbst Exportverbote kein Tabu seien, um den Vorsprung bei Hochleistungstechnologien zu halten. faz.net/
„Auf den entscheidenden Podien sind Deutsche oder auch Europäer so gut wir gar nicht vertreten”
Carsten Knop, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hält in Davos vergeblich Ausschau
Stopp den Geldschummlern!
Mehr als 10.000 Euro in bar soll man künftig in den 27 Ländern der Europäischen Union nicht mehr über den Ladentisch schieben dürfen. Darauf haben sich das Europaparlament und die EU-Regierungen geeinigt. Das Verbot soll Geldwäsche verhindern und Schlupflöcher in nationalen Gesetzen stopfen, darunter auch in Deutschland. Die Regelung bedeutet auch, dass Luxusguthändler die Identität ihrer Kunden überprüfen und verdächtige Geschäfte an die Behörden melden müssen. derstandard.de
Deutscher Vize für EU-Parlament:
Der niedersächsische FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen (RENEW-Fraktion) ist zum Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments gewählt worden. Er löst Nicola Beer ab, die als Vizepräsidentin zur Europäischen Investitionsbank (EIB) gegangen ist. Der 46jährige aus Rotenburg (Wümme) sitzt im Ausschuss für Verkehr und Tourismus und kümmert sich auch um EU-Innenpolitik. twitter.com/jcoetjen
Hiebe vom Boxchampion:
Vitali Klitschko ist enttäuscht über seine frühere Wahlheimat Deutschland. Der langjährige Hamburger Bürger und heutige Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kyiv nennt es „leider nicht positiv für die Ukraine“, dass der Deutsche Bundestag die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern abgelehnt hat. Die Geschosse könnten die Logistik russischer Truppen unterbrechen. Er sehe schwere Zeiten voraus, da sein Land ein „wahnsinniges, riesengroßes“ Defizit an Munition habe, sagte der 52 Jahre alte Ex-Profiboxer in einem Interview. report‑k.de (Foto: Sven Teschke, CC BY-SA 3.0 de, wikimedia)
„Jeder deutsche Politiker muss verstehen: Der Krieg ist jetzt in der Ukraine. Es kann aber ein Krieg in Europa werden“
Ex-Boxprofi und Kiew-Bürgermeister Vitali Klitschko ist traurig über mangelnde Militärhilfen