Europa: Themen der Woche
(Europäische Union) — Was hat die Macher in der EU und Beobachter von Europa vergangene Woche an- und umgetrieben?
- Wie isoliert ist Deutschland in Europa wegen seines Bundeskanzlers? Siehe unten.
- Ist die deutsche Marine dem EU-Antiterroreinsatz in Arabien gewachsen? Scrolle runter.
- Wird Europa durch “Renaturierung” ein großer Dschungel?… Details siehe unten.
Das alles und noch viel mehr: von WOLF ACHIM WIEGAND
Ukraine-Hilfe: Scholz in Europa immer isolierter?
Der deutsche Bundeskanzler scheint mit seiner Strategie in Sachen Ukraine-Hilfe in ganz Europa ins Abseits zu geraten. Jetzt fordert sogar das Europäische Parlament die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die russisch bedrängte Ukraine. Und in vielen EU-Staaten wächst die Kritik an der Haltung Berlins. rnd.de/politik/taurus
AfD zu radikal:
Nicht nur Olaf Scholz und Emmanuel Macron liegen in zentralen Europafragen über Kreuz, sondern auch das Verhältnis der deutsch-französischen Rechtsausleger ist getrübt. Nach einem Treffen mit der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel in Paris – bei dem kein gemeinsames Foto gemacht werden durfte — bleibt die rechtsextreme Präsidentschaftsaspirantin Marine Le Pen bei ihrer Ablehnung der AfD-Migrationspolitik (Stichwort: „Remigration“). Sie droht damit, nach der Europawahl nicht mit Weidels Leuten in einer gemeinsamen Fraktion zusammenarbeiten zu wollen. Damit es möglich, dass EU-Abgeordnete der AfD fraktions- und einflusslos bleiben. diepresse.com euractiv.de
Aufregung um EU-Marinemission:
Berichte über angeblichen Munitionsmangel an Bord der deutschen Fregatte „Hessen“ haben für politische Schnappatmung gesorgt. Die ist seit Kurzem auf EU-Mission im Roten Meer stationiert, um Terroristenbeschuss auf Handelsschiffe abzuwehren.
Marineinspekteur Jan Christian Kaack versucht nun eine Atempause zu bewirken und dementiert den Engpass bei der Bekämpfung von im Roten Meer. „Wir werden zeitnah Munition nachführen”, versicherte der Vizeadmiral. Zugleich verteidigte er den Schussbefehl auf eine Drohne der US-Verbündeten. Das Fluggerät sei ohne Kennung in hohem Tempo in Richtung „Hessen“ unterwegs gewesen (die Schüsse gingen übrigens daneben). mdr.de/nachrichten
EU soll aufrüsten:
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die 27 Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Rüstungsindustrie deutlich auszubauen. Vor dem Europaparlament sagte die deutsche Christdemokratin, die Illusion, dass Frieden von Dauer sein könne, sei zerstört. Deshalb brauche es für Verteidigung mehr Geld, mehr Planungssicherheit und mehr Koordination.
Von der Leyen machte klar, dass die Bedrohungen nicht nur von Russland ausgingen, Sie nannte explizit Nordkorea und Iran. Erfreut zeigte sich die oberste EU-Behördenchefin davon, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) sich künftig an Militärprojekten beteiligen wolle. wallstreet-online.de
EU-Truppen in die Ukraine?
Der Vorschlag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron europäische Bodentruppen gegen den Angreifer Russland in die Ukraine zu schicken, hat eine hitzige internationale Debatte ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich verärgert und wie andere Deutsche ablehnend. Das sieht auch sein tschechischer Kollege Petr Fiala so.
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson äußerte sich zweideutig: „Das ist im Moment überhaupt nicht relevant”. Der slowakische Premierminister Robert Fico verriet, dass es diese Überlegung bei NATO und EU durchaus gebe — „auf bilateraler Basis“. Bisher beschränkt sich der Westen auf die Ausbildung ukrainischer Soldaten und Waffenlieferungen, um den Kreml nicht direkt zu konfrontieren, womit Putin wieder droht. welt.de (Reaktionen) srf.ch/news (Analyse) twitter.com/BenBCDE (Sarkasmus)
Viele Menschen die heute „nie, nie“, sagten, seien dieselben, die vor zwei Jahren sagten, „nie, nie Panzer, nie, nie Flugzeuge, nie, nie Raketen mit längerer Reichweite“
Emmanuel Macron sieht seine Partner als wankelmütig an
Grünes Licht für Renaturierung:
Nach langem Gezerre zwischen Politik und Lobbygruppen hat das Europaparlament mit knapper Mehrheit das sogenannte Renaturierungsgesetz beschlossen. Dieses erste europaweite Gesetz seiner Art verpflichtet die 27 EU-Regierungen zur Renaturierung von Flächen, also zur Überlassung an die Natur. Ziel ist es, Kohlenstoff zu gewinnen und zu speichern und die Folgen von Naturkatastrophen zu verhindern bzw. zu verringern.
Konservative und Rechte hatten den Gesetzesentwurf abgelehnt und Bürden für die sowieso schon belastete Agrarwirtschaft ins Feld geführt. Die Befürworter machten dagegen geltend, dass mehr als 80 % der EU-Lebensräume abkippen könnten. Über die nun verabschiedete Fassung sind sogar radikale Ökolobbyisten wie Friday for Future voll des Lobes. europarl.europa.eu spektrum.de/news (Hintergrund) twitter.com/FridayForFuture (FFF)
Der EU-einheitliche Führerschein wird neu geregelt:
Das ändert sich:
- Fahranfänger sollen eine Mindestprobezeit von zwei Jahren durchlaufen. Während dieser Zeit sollen strengere Alkoholgrenzwerte gelten.
- Aktualisierung der Fahrerfähigkeiten: Ausbildung und Prüfung von Fahrern soll besser auf reale Fahrsituationen vorbereiten und das Risikobewusstsein schärfen. Dazu gehören sicherer Umgang mit dem Smartphone beim Fahren, Fahren bei Schnee und glatten Bedingungen, das Risiko des toten Winkels, Fahrassistenzsysteme sowie der umweltschonende Einsatz von Fahrzeugen.
- Digitaler Führerschein auf dem Smartphone: Führerschein-Besitzer sollen die Möglichkeit erhalten, einen digitalen Führerschein auf dem Mobiltelefon zu erhalten, der dem physischen Führerschein vollkommen gleichgestellt ist.
Recht auf Information:
Jeder EU-Bürger sollte das Recht haben, ungehindert umfassende Informationen zu bekommen. Um das zu sichern, schlägt die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) rund 100 Tage vor der Wahl des Europäischen Parlaments einen „12-Punkte-New Deal“ vor. Er richtet sich an alle Kandidaten für das Europaparlament sowie an die 27 Staats- und Regierungschefs. Mit dem Pakt sollen sie sich verpflichten, Journalismus zu fördern „der dem öffentlichen Interesse dient“ sowie garantieren, dass Berichterstattung „ungehindert, unabhängig und zuverlässig“ möglich ist. rsf.org
1.100.000
Die Zahl der Asylbewerber in Europa hat die Marke von einer Million im vergangenen Jahr deutlich überschritten. t‑online.de
Hätte, hätte, Lieferkette:
Das seit Monaten geplante und heftig umstrittene europäische Lieferkettengesetz ist geplatzt. Grund: Nur noch eine Minderheit der EU-Mitgliedsländer stellte sich hinter den Entwurf. Damit wird es keine europaweit einheitliche Verpflichtung für Unternehmen geben, offenzulegen, ob sie bei Herstellung und Import weltweit auf Umweltstandards und Menschenrechte achten.
Auf Initiative der FDP hatte auch Deutschland Einspruch erhoben – aber die Haltung Berlins war zuletzt nicht mehr fürs Scheitern auf EU-Ebene entscheidend. Auch Frankreich und Italien sowie zehn weitere Staaten hatten ihre Unterstützung verweigert. Nun bleibt es bei nationalen Gesetzen, sofern — wie in Deutschland — vorhanden. sueddeutsche.de
„Der Krimi hat endlich ein Ende – schwere Niederlage für Ursula von der Leyen”
In ersten Medienreaktionen ist die Schuldige für das Aus des EU-Lieferkettengesetzes gefunden
Bauerngewalt in Brüssel:
Trotz Entgegenkommens der Politik sind die Proteste radikaler Landwirte in der EU-Hauptstadt Brüssel eskaliert. Die Polizei im Europaviertel setzte Wasserwerfer gegen brennende Reifen, ausgeschüttete Gülle und Explosionskörper ein. Rund 1.000 Traktoren blockieren die Stadt, zogen erst abends ab. Zeitweise war der Flughafen abgeschnitten.
Die anwesenden EU-Landwirtschaftsminister reagierten scharf auf die Gewalt. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nannte die Vorfälle „besorgniserregend.“ Der Protest richtete sich z. B. gegen bürokratische Umweltauflagen. deutschlandfunk.de
Dumm gelaufen:
Ein österreichischer Grafiker, dessen Werk auf Milliarden Euro-Geldscheinen zu sehen ist, kann daraus nicht den großen Reibach ziehen. Eine jahrelange Klage des mittlerweile 87jährigen ist vor Gericht gescheitert. Der Mann hatte von der Europäischen Zentralbank (EZB) 5,5 Millionen Euro für die Nutzung seines Werkes verlangt. Doch die Richter urteilten: Das Honorar von 2.180 Euro sei rechtens, weil die ursprüngliche Grafik abgewandelt worden sei. spiegel.de