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⇒ Inhalt dieses Blogs: Trumps küh­n­er Plan ein­er Wel­traum-Stre­it­macht muss uns Europäer inter­essieren

Trump gründet die “Space Force”, Europa krabbelt auf der Erde herum

Von Wolf Achim Wie­gand

Hamburg/Brüssel/Washington (waw) — Es ist ein küh­n­er Plan und er war bish­er nur als Sci­ence-Fic­tion denkbar: die Vere­inigten Staat­en von Ameri­ka wollen eine Stre­it­macht für den Wel­traum auf­bauen. Die Order kam jet­zt direkt aus dem Weißen Haus:

US-Präsi­dent Don­ald J. Trump wies das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um an, “unverzüglich” mit den Vor­bere­itun­gen für eine Waf­fen­gat­tung zu begin­nen, wie sie die Welt noch nicht gese­hen hat. “Der Präsi­dent weiß, dass der Wel­traum wesentlich für den amerikanis­chen Lebensstil und für wirtschaftlichen Wohl­stand ist und dass er ein leben­snotwendi­ger Bere­ich der nationalen Vertei­di­gung ist,”  ließ Trump mit­teilen. Die Space Force solle neben Heer, Luft­waffe, Marine, Küstenwache und Marine­in­fan­terieko­rps die sech­ste Teil­stre­itkraft der USA wer­den.

Damit nimmt eines der ehrgeizig­sten Mil­itär­pro­jek­te in der Men­schheits­geschichte seinen Lauf — wenn das zus­tim­mungspflichtige US-Abge­ord­neten­haus “Yes” sagt. Dort ist eine heftige Debat­te um Trumps mil­itärisch hochfliegen­den Pläne ent­bran­nt. Neben patri­o­tis­chen Jublern, die das Kon­junk­tur­pro­gramm für die Raum­fahrtin­dus­trie begrüßen, gibt es in Wash­ing­ton eine Menge Kri­tik­er. Dazu gehört Fox Deb­o­rah Lee James (Foto rechts), unter Präsi­dent Barack Oba­ma die admin­is­tra­tive Lei­t­erin über die 660.000 Ange­höri­gen der US-Luft­stre­itkräfte. James und andere befürcht­en exor­bi­tante Kosten, Ein­schränkun­gen für die herkömm­liche Air Force und noch mehr Bürokratie beim Mil­itär.

Erwartungs­gemäß wenig begeis­tert zeigt sich Rus­s­land: “Mil­i­tarisierung im Wel­traum ist ein Weg ins Desaster,” sagt Gen­er­aloberst Wic­tor Bon­darew, der bis Sep­tem­ber 2017 Oberkom­mandieren­der der rus­sis­chen Luft- und Wel­traumkräfte war und nun dem Vertei­di­gungsauss­chuss der Duma vorste­ht. Schließlich beste­he ein weltweites Ver­bot für Atom­waf­fen im All. Kein Wort aus Moskau jedoch dazu, dass der Kreml wie Chi­na und die USA längst atom­ar bestück­bare Gleit­flug­geräte mit Hyper­schallgeschwindigkeit testet, die derzeit­ige Abwehrsys­teme überlis­ten kön­nen, weil diese zu langsam sind.

Das Trump-Lager warnt vor einem tech­nol­o­gis­chen Rück­stand der USA. “Aggres­sive Feinde”, wie Chi­na und Rus­s­land, hät­ten längst Tech­nolo­gie zum Abschuss von Satel­liten getestet. “Die Zeit ist reif, um das näch­ste großar­tige Kapi­tel in der Geschichte unser­er Stre­itkräfte zu schreiben und uns auf das näch­ste Schlacht­feld vorzu­bere­it­en,” sagt Mike Pence, der US-Vizepräsi­dent, und kalkuliert erste Kosten in Höhe von acht Mil­liar­den US-Dol­lar über fünf Jahre verteilt ein.

Unbe­stre­it­bar ist: 56 Jahre nach US-Präsi­dent John F. Kennedys (Foto rechts) Startschuß für die Eroberung des Wel­traums ist der Kos­mos längst Mil­itärge­bi­et. Neben den Super­mächt­en unternehmen etwa Japan und Indi­en enorme Anstren­gun­gen, im Uni­ver­si­um aller­lei Waf­fen- und Aufk­lärungssys­teme zu sta­tion­ieren. Brasilien arbeit­et nach Exper­te­nan­sicht mit Israel bei der Entwick­lung eigen­er Raketen zur Beförderung hochau­flösender Spi­onage­satel­liten zusam­men.

Das mil­itärische Denken Europas, das schon Prob­leme beim Zusam­menwach­sen der 28 kon­ven­tionellen EU-Armeen hat, ist unter­dessen noch äußerst erd­ver­bun­den. Zwar ist die Europäis­che Union mit eige­nen Raketen und Satel­liten, die bei der Europäis­chen Wel­traum­be­hörde (ESA) koor­diniert wer­den, forscherisch außeror­dentlich erfol­gre­ich. Dazu zählt der Auf­bau des eige­nen Nav­i­ga­tion­ssys­tems Galileo, welch­es das vom US-Mil­itär kon­trol­lierte GPS ablösen soll. Galileo umfasst auch ver­schlüs­selte Nutzun­gen für Polizei, Ret­tungs­di­en­ste, Zoll und Mil­itär.

Galileo, das finanziell inten­sivste Großpro­jekt der EU, hat aber nichts mit Wel­traumwaf­fen zu tun. Eben­sowenig wie beste­hende mil­itärische Koop­er­a­tio­nen etwa zwis­chen Frankre­ich und Deutsch­land bei Spi­onage­satel­liten. Dabei dreht es sich höch­stens um den Umgang mit dig­i­tal­en Attack­en, wie das Hack­en von Satel­liten sowie deren Blind­machen, Überlis­ten und Lahm­le­gen — nicht aber um deren Ver­nich­tung.

Nach der Ankündi­gung Trumps, eine Space Force auf­bauen zu wollen, wurde der Plan im Inter­net umge­hend durch den Kakao gezo­gen. Nach “Amer­i­ca First!” käme nun also “Make The Galaxy Great Again!”, witzelte jemand auf Twit­ter. Doch das Weiße Haus meint es ernst und macht unmissver­ständlich klar, wem der Wel­traum kün­ftig gehören soll. Trump-Vize Pence: “Es ist nicht genug, nur eine amerikanis­che Präsenz im Wel­traum zu haben. Wir müssen die Dom­i­nanz erre­ichen. Und das wer­den wir auch.

Doch bevor die Space Force von der Fic­tion zur Real­ität wer­den kann, wird noch viel Wass­er den Mis­sisip­pi herun­ter­fließen. Eine neue Stre­it­macht baut man nicht über Nacht auf. Allein die vom Weißen Haus definierten Vorar­beit­en sind enorm:

  • Beschle­u­ni­gung bei der Entwick­lung von Wel­traumtech­nolo­gie,
  • Grün­dung ein­er Wel­trau­ma­gen­tur,
  • Auf­stel­lung ein­er hochqual­i­fizierten Wel­trau­m­op­er­a­tionstruppe,
  • Auf­bau von Oper­a­tionsstruk­turen und zivil­er Kon­trollmech­a­nis­men,
  • Ein­set­zen eines US-Oberkom­man­dos für Kon­flik­te im All.

Die To-do-Liste zeigt: Kein Men­sch hat bis­lang präzise berech­net, welche Kosten bis zum Mobil­sein tat­säch­lich erforder­lich sind, wie viel Per­son­al nötig ist, ob man beste­hende Ein­heit­en zusam­men­fü­gen kann oder ob gän­zlich neue Wel­traumkrieger rekru­tiert wer­den müssen. Todd Har­ri­son, Direk­tor der unab­hängi­gen Denk­fab­rik Cen­ter for Strate­gic and Inter­na­tion­al Stud­ies (CSIS) glaubt gar, eine Space Force brauche gar keine Sol­dat­en ins All schick­en: “Es dreht sich alles um unbe­man­nte, fer­nges­teuerte Satel­liten. Alle Krieger wer­den auf der Erde bleiben. Nur die Oper­a­tions­ge­bi­ete (activ­i­ties, d.A.) ver­lagern sich in den Wel­traum.

Eines ist klar: ob beman­nt oder unbe­man­nt — der Kos­mos kann kün­ftig zur Kampf­zone wer­den. Europa sollte sich daher rasch mit dem Gedanken befassen, was es bedeutet, wenn der Raum zwis­chen den Galax­ien zum Auf­marschge­bi­et wird. Über­spitzt gesagt: wir alle wollen nicht eines Tages wie im Sci­ence-Fic­tion-Film “Ely­si­um” als reine Arbeit­stiere auf ein­er kaput­ten Erde enden, die aus ein­er sicheren Raum­sta­tion für priv­i­legierte Reiche her­aus regiert wer­den. Mal drüber nach­denken…?!