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Protest gegen Verfolgung von Gotteslästerung in Pakistan überdeckt Strafbarkeit auch in Europa

Von Wolf Achim Wie­gand

Ham­burg (waw) - Viele regen sich dieser Tage über den Prozess im islamis­chen Pak­istan gegen Asia Bibi auf. Die 51jährige Lan­dar­bei­t­erin christlichen Glaubens war 2010 wegen Gottes­lästerung (Blas­phemie) zum Tode verurteilt wor­den. Nun wurde die fünf­fache Mut­ter auf ober­sten Gerichts­beschluss hin freige­lassen. Das löste umge­hend beispiel­los heftige lan­desweite Proteste radikaler Allah-Anhänger aus.

Islamis­ten dro­ht­en der Freige­lasse­nen und den Richtern in Islam­abad den Tod an, der Anwalt musste aus dem Land fliehen. Ein Appell von Pre­mier­min­is­ter Imran Khan zur Mäßi­gung ver­hallte zunächst weit­ge­hend unge­hört. Erst ein Aus­rei­se­ver­bot für Bibi, deren Ehe­mann nun um Asyl in Großbri­tan­nien bit­tet, besän­ftigte die Gemüter weit­ge­hend. Im Jan­u­ar war bere­its ein pak­istanis­ch­er Min­is­ter ermordet wor­den, der den Blas­phemie-Straftatbe­stand in Frage gestellt hat­te.

Dass man in Pak­istan über­haupt wegen Gottes­lästerung angeklagt wer­den kann, das ist inter­na­tion­al verurteilt wor­den, so auch von der Gefan­genen­hil­f­sor­gan­i­sa­tion Amnesty Inter­na­tion­al. Sie hält fest, dass die Blas­phemiege­set­ze in Pak­istan “oft miss­braucht wer­den und Men­schen­rechtsver­stößen Vorschub leis­ten.”

Wenige wis­sen indes, dass Blas­phemie auch in Europa in gut einem Dutzend Staat­en straf­bar ist. Darunter sind sieben EU-Län­der. Es dro­hen Sank­tio­nen bis zur Haft, stellt das franzö­sis­che Aus­lands­fernse­hen France 24 in ein­er Recherche fest.

Selb­st in Deutsch­land sind schon Per­so­n­en wegen Gottes­lästerung verurteilt wor­den. Dafür her­hal­ten muss § 166 Strafge­set­zbuch. Es macht sich straf­bar, wer eine Kirche, Reli­gion­s­ge­sellschaft oder Weltan­schau­ungsvere­ini­gung “in ein­er Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.” Die Freien Demokrat­en fordern die Abschaf­fung des Para­grafen, weil es aus lib­eraler Sicht jedem Men­schen freigestellt sein müsse nach seinem Gut­dünken zu leben, “auch wenn dies den Tra­di­tio­nen der Mehrheits­ge­sellschaft zu wider­sprechen ver­mag.”

Pix­abay, Pexels.com

Erst 2016 bekam ein ehe­ma­liger Lehrer in Nor­drhein-West­falen eine Geld­strafe von 500 Euro auf Bewährung aufge­brummt. Er hat­te die Rückscheibe seines Autos mit antikirch­lichen Slo­gans bek­lebt. Das habe mit Kun­st­frei­heit nichts zu tun, urteilte das Amts­gericht zu Ent­geg­nun­gen des Verurteil­ten.

Drei weitere Beispiele aus Europa:

  • In Griechen­land ist ein 28jähriger Mann wegen ein­er Mönch­skarikatur auf Face­book zu zehn Monat­en Gefäng­nis verurteilt wor­den, allerd­ings wurde die Strafe später aufge­hoben.
  • In Öster­re­ich musste eine Wiener­in laut Lan­des­gericht wegen “Her­ab­würdi­gung religiös­er Lehren” 480 Euro Strafe zahlen. Sie hat­te den Propheten Mohammed als Pädophilen beze­ich­net. Der Europäis­che Gericht­shof für Men­schen­rechte (EGMR) bestätigte die Entschei­dung.
  • Im katholis­chen Kern­land Polen bekam eine Bild­hauerin sechs Monate gemein­nützige Arbeit aufge­brummt, weil sie männliche Gen­i­tal­ien neben ein Kruz­i­fix mon­tiert hat­te. Die Entschei­dung wurde höherin­stan­zlich kassiert.

Auch wenn also Blas­phemie in Europa in der Regel kaum drakonis­che Fol­gen hat, ist sie grund­sät­zlich den­noch weitver­bre­it­et straf­bar.

Indessen hat aus­gerech­net die zutief­st vom Katholizis­mus geprägte Repub­lik Irland die Straf­barkeit von Gottes­lästerung aufge­hoben. Bei ein­er Volk­a­b­stimung stimmten Ende Okto­ber 2018 rund 65 Prozent der Wahlgänger für Stre­ichung des entsprechen­den Artikels in der Ver­fas­sung. Nun braucht auf der grü­nen Insel nie­mand mehr fürcht­en mit ein­er Strafe von bis zu 25.000 Euro bestraft zu wer­den.

Der lib­er­al-bürg­er­liche Jus­tizmin­is­ter Char­lie Flana­gan, der die irische Abstim­mung ini­ti­iert hat­te, ist zufrieden: “Geset­ze gegen Gottes­lästerung spiegeln keine irischen Werte und deshalb soll­ten sie bei uns auch nicht existieren.”

Auch ander­swo in Europa sollte die Ruf­schädi­gung ein­er Got­theit oder von etwas Heiligem nicht weit­er krim­i­nal­isiert wer­den. Macht sich näm­lich ein Staat gemein mit Reli­gio­nen oder Glaubens­fra­gen, kann Min­der­heit­sre­li­gio­nen oder Ander­s­gläu­bi­gen die Aus­gren­zung dro­hen — und wom­öglich sog­ar Haft oder Tod. Der pro­movierte Pas­tor und Direk­tor der Evan­ge­lis­chen Akademie Loc­cum Stephan Schaede (46) rät: “An die Stelle der empfind­samen Verärgerung soll­ten das gute Argu­ment, rhetorisch­er Schliff und religiöse Schlagfer­tigkeit treten.Genau.

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